Morgens im Stall, wenn es gerade hell wird und unsereiner noch kein Frühstück bekommen hat, schlägt ihre Stunde. Dann kommt die Frau, unsere sogenannte Besitzerin, in den Stall geschlichen, um vor der Arbeit zu reiten. Verrückte Idee, wenn ihr mich fragt, aber mich fragt ja mal wieder keiner. Diese sensationelle Schnapsidee hat sie ganz allein entwickelt, und es ist ihr egal, dass ich das für Körperverletzung und seelische Grausamkeit halte.
Unsere kleine Dressurqueen hat nämlich wieder irgendwelche Reitprofis gestalkt und herausgefunden, dass viele die meditative Ruhe morgens im Stall schätzen. Wenn sich die Seele nochmal schnarchend im Bett umdreht und der Körper komatös hinterherhinkt, dann muss geritten werden. Auch wenn unsereiner gerade eben noch im Tiefschlaf war. Aber man ist ja von Haus aus Fluchttier, das passt dann schon. Von Null auf Hundert und Spiralen in den Augen in weniger als einer Millisekunde.
Scheiss auf meinen Biorhythmus, die Frau hat präsenile Bettflucht. Und ein Faible für buddhistische Kalendersprüche, wegen dem OMMM und der besonderen Aura. Weil normal kann ja jeder. Für die feine Dame muss es wieder was ganz Besonderes sein.
Und warum das Ganze? Ganz einfach: weil erstens um diese Uhrzeit kein Mensch im Stall ist, der ihre reiterlichen Übungen durch sein Geglotze entweiht. In letzter Zeit gab es ihrer Meinung nach zuviel Kritik an ihren Reitkünsten. Zwar von Undankbaren und Ahnungslosen, aber auch von Frau Reitlehrerin, die deshalb in Ungnade ist und hoffentlich nur vorübergehend boykottiert wird. Und weil zweitens sie sich momentan was mit Yin und Yang und Schwingungen einbildet, was ebenfalls keine Zuschauer verträgt. Denn die sogenannte Besitzerin hat herausgefunden, warum es bei ihr reiterlich nicht so recht voran gehen will: „Wenn jemand guckt, kann ich nicht reiten.“
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Also macht sie sich flauschige Gedanken, die sie mit buddhistischen Weisheiten anreichert, und reitet entspannt und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Buddha sagt: Der Weg ist das Ziel, und in meinem Fall führt er zu nachtschlafener Zeit in die Reithalle, wo wir unsere Kreise drehen beziehungsweise was die Frau dafür hält. Komfortzone und so. Ich persönlich finde das voll ok.
Weil auch sie morgens nicht so ganz auf der Höhe ist, machen wir das, was immer gut klappt. Buddha sagt: Jeder Tag ist ein guter Tag, aber der musste bestimmt noch nie morgens um fünf durch den Hallensand joggen. Aber egal. Die Augen der Frau sind halb geschlossen und meine auch. Ich glaube, das ist diese Losgelassenheit, von der man so viel hört. Sagt Buddha übrigens auch: Lerne loszulassen. Das ist der Schlüssel zum Glück.
Also so weit alles schick. Keiner guckt, die Frau ist entspannt und nach dem Reiten gibt’s Frühstück. Nur schade, dass keiner ihre neue buddhistische Reitkunst bewundern kann, denkt die Frau. Als Dressur-Queen hat man ja eigentlich gern Publikum, und wo sie doch jetzt so toll reiten kann… „Wenn es gut geht, guckt natürlich keiner. Menno.“ Aber da kann ich sie beruhigen: Sie reitet genauso schlecht wie sonst auch 😛 Aber schön locker ist sie.
Bild: Sehr, sehr müde
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