Ich sehe was, was du nicht siehst

Ein Pferdeauge

Ohne mich wäre die sogenannte Besitzerin aufgeschmissen. Doch, wirklich. Es ist nicht zu glauben, mit was für einem sträflichen Leichtsinn die Frau durch die Gegend taumelt. Noch argloser ist vielleicht noch das spanische Mähnenwunder. Aber sonst keiner, da bin ich mir sicher.

Wobei der Lutschi eigentlich nichts dafür kann. Der schläft halt durch und wird nur zum Essen wach. Alles andere – Reitstunde, Hufschmied etcetera – erledigt er im Tiefschlaf. Handwerker, Leitern, Kabel, Schläuche und sonstige Mordwerkzeuge lassen ihn völlig kalt, weil er quasi im Wachkoma durchs Leben geht. Oder rollt, was angesichts seiner barocken Leibesfülle der angemessenere Ausdruck ist.

Zum Glück gibt es mich, den wachsamen Fast-Hengst, der die Stallgasse fest im Blick hat und verdächtige Veränderungen sofort registriert. Decke falsch aufgehängt? Ooooder – Decke in der falschen Farbe? Alarm bei der Stallpolizei! Auch unheimliche Eimer werden beobachtet und gemeldet. Natürlich nur, wenn kein Futter drin ist. Eimer MIT Futter sind per se nicht bedrohlich. Dankt mir nicht, ich tue das ja gern. Auch wenn es viel Arbeit ist. „Ich sehe was, was du nicht siehst“ weiterlesen

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Fürchtet euch sehr, die Frau wird Angstcoach!

Fürchtet euch sehr, denn die Frau, meine sogenannte Besitzerin, hat mal wieder ein neues Leben begonnen. Sie erfindet sich ja ständig neu, wie sie sagt, und gerade tut sie so, als wäre sie Angstcoach. Also wie gesagt, Vorsicht vor der Frau.

„Wir sind ja jetzt Kollegen“, begrüßt sie Frau Reitlehrerin, die entspannt die Stallgasse herunterschlendert.

Das ist Frau Reitlehrerin zwar neu, aber sie lächelt freundlich, mit der ihr eigenen unzerstörbar guten Laune, und erkundigt sich nach Details. Das sind übrigens die zwei Schlüsselqualifikationen für Reitlehrer: freundlich lächeln können und Nerven wie Drahtseile haben.

„Ja, ich bin nämlich jetzt Angst-Coach für Angstreiter“, strahlt die sogenannte Besitzerin. Nix mehr Piaffe und Dressur-Queen, nein, jetzt wird therapeutisch gewerkelt, was das Zeug hält. Und wenn man selbst nicht reiten kann und Angst hat, ist man ja quasi Sachverständige fürs Angstreiten, so ihre Begründung für die überraschende Berufswahl. Praktischerweise kann man sowas im Fernkurs lernen, von Zuhause aus, wie sie erzählt. Und ohne jemals wirklichen Kontakt zu einem Reitschüler oder gar einem Psychologen oder sonstigen Sachverständigen gehabt zu haben.

„Und wie läuft das Coaching dann ab?“, erkundigt sich Frau Reitlehrerin.

„Ganz einfach, ich fahre zu meinen Reitschülern und gucke mir an, wie die reiten. Und dann sage ich denen, dass sie keine Angst haben sollen“, erklärt die Frau.

„Das ist ja einfach. Und meinst du, das hilft?“ „Fürchtet euch sehr, die Frau wird Angstcoach!“ weiterlesen

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Störende Körperteile einfach abschneiden

„Das Bein ist lang und locker“, sagt Frau Reitlehrerin und guckt auffordernd. Die sogenannte Besitzerin zieht sich davon aber nix an und wackelt weiter enthemmt mit ihren Stampferchen, während sie so tut, als würde sie meinen Trab aussitzen.

„Denk ans rückwärts Radfahren“, schlägt Frau Reitlehrerin als Alternative vor, aber auch das fruchtet nicht. Erstens ist die Frau heute körperlich eh nicht in Höchstform – wann ist sie das überhaupt, fragt man sich – und zweitens mental auch nicht. Wie so oft. Aber nicht verzagen, Frau Reitlehrerin fragen, die hat nämlich noch das ein oder andere As im Ärmel.

Die Frau währenddessen so: Wackel Wackel Wackel. Mir wird schon ganz schlecht von diesem dauernden Geschwanke. Frau Reitlehrerin lässt uns durchparieren zum Schritt und fordert: „Stell dir vor, du hättest gar keine Beine.“

Boah, jetzt geht das wieder los mit diesen bescheuerten inneren Bildern, denkt die Frau und erwidert: „Kann ich nicht.“ „Störende Körperteile einfach abschneiden“ weiterlesen

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Ups, falsch abgebogen. Heute: halbe Zirkel reiten

Ich mag Frau Reitlehrerins Optimismus. Doch, wirklich. Wenn sie mit strahlendem Lächeln sagt: „Und jetzt auf den Zirkel geritten“ und dann tatsächlich damit rechnet, dass wir einen halbwegs runden Kreis zustande bringen, dann könnte ich sie knutschen. Wobei runde Zirkel ja schon ein Widerspruch in sich sind, gell.

Aber Frau Reitlehrerin gibt nicht so leicht auf. Sie beobachtet, wie wir an der kurzen Seite durch die Ecken schaukeln und dann nach außen abdriften, bevor sie feststellt: „Ups, falsch abgebogen. Heute kümmern wir uns mal um die Schultern vom Pfridolin.“

Die Frau, sehr erstaunt: „Aber da sitze ich ja gar nicht drauf. Wie soll ich die denn kontrollieren?“

Und das von unserer kleinen Dressur-Queen, die von Schulterherein und anderen Seitengängen träumt. Aber da kommt sie vielleicht noch selber drauf, ne. „Ups, falsch abgebogen. Heute: halbe Zirkel reiten“ weiterlesen

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Hoppi Galoppi

„Und an der langen Seite zulegen!“, kommandiert Frau Reitlehrerin.

„Waaas, noch schneller?“, fragt die Frau, meine sogenannte Besitzerin, entsetzt. Wir sind nämlich gerade im Galopp und gehen ganze Bahn. Also ich. In einem sehr entspannten Galopp. Kurz vor dem Schlafwandeln, eigentlich. Die Frau hängt wie ein Mehlsack im Sattel und krallt sich da fest, während sie sich dessen ungeachtet wie Ingrid Klimke fühlt, weil GANZE BAHN und UIUIUI. Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich diesen Zeitlupen-Galopp mittlerweile so perfektioniert, dass man fast denken könnte, er wäre versammelt. Ist er aber nicht. Nur langsam. Aber pst, nicht Frau Reitlehrerin erzählen. Die Frau gibt halbherzig treibende Hilfen und ist froh, dass ich sie ignoriere.

„An der langen Seite zulegen!“, wiederholt Frau Reitlehrerin lauter, in der Annahme, die sogenannte Besitzerin hätte sie akustisch nicht verstanden. Aber da kann ich sie beruhigen, die Akustik ist nicht das Problem. „Hoppi Galoppi“ weiterlesen

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Für euch getestet: OsteoDressage Onlineseminar „Richtig Reiten reicht nicht – wie Fütterung + Haltung die Losgelassenheit und Gesundheit verbessern“

„Guck doch mal, wie schön locker!“

Neidisch beobachtet die sogenannte Besitzerin, wie Frau Reitlehrerin auf ihrem Dieter im Trab dahinschwebt. Da hat ihr der Mann, der sie auf unser Dream-Team hinweist, gerade noch gefehlt.

„Das sehe ich selbst“, faucht sie ihn an. „Warum ist das bei mir nie so? Buhuhu. Aber egal, ich hab eh keine Zeit zuzugucken. Ich muss noch Heunetze stopfen.“

Wir sind nämlich wieder alle auf Diät, es gab da wohl ein Mißverhältnis zwischen Pferdeleckerli und ausgleichender Bewegung. Möglicherweise sind wir auch ein ganz klein bisschen verfressen, auf jeden Fall aber unverstanden. Sei‘s drum. Das spanische Mähnenwunder und ich kriegen jetzt jeden Tag Heunetze in die Box gehängt und ich hoffe, die sogenannte Besitzerin hat zu Hause auch eins, wegen der Gerechtigkeit.

Wo die Frau aber seit Neuestem selbsternannte Fütterungsexpertin ist – für alles andere ja sowieso –, hat sie sich gleich mal einen neuen Onlinekurs gegönnt. Natürlich ist sie nicht selbst darauf gekommen, nein, Frau Reitlehrerin hat sie geschubst. Diplomatisch, wie das ihre Art ist. Und jetzt guckt die sogenannte Besitzerin jeden Tag lehrreiche Videos. Und erfährt, dass nicht nur das richtige Reiten wichtig ist, sondern dass auch Fehler bei Fütterung und Haltung gravierende Rittigkeitsprobleme verursachen können. „Für euch getestet: OsteoDressage Onlineseminar „Richtig Reiten reicht nicht – wie Fütterung + Haltung die Losgelassenheit und Gesundheit verbessern““ weiterlesen

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Dein Freund und Helfer. Nicht.

Die Frau hat jetzt ein Seelenpferd und Herzenspony. Tipp: Ich bin es nicht. Nein, es ist der Lutschi, unser minderjähriges Mähnenwunder. Der sie immer so süß und schläfrig durch seinen zotteligen Schopf anblinzelt, wenn sie sich neben ihn auf ihre rosa Flauschidecke legt, um zu meditieren. Das ist nämlich die neueste Unsitte hier: wenn man mit nix Bösem rechnet und verträumt nach unten guckt, liegt da unsere kleine Ostwind-Wendy auf ihrer schweinchenrosa Meditationsdecke und ommmt vor sich hin. Nachdem ich neulich vor Schreck fast an die Decke gesprungen bin, hat sie beschlossen, dass unsere seelische Verbindung doch nicht so das Gelbe vom Ei ist und ihre Rumlieg-Aktivität auf die Box vom Lutschi verlagert, weil der ja sooooo sehr ihr Herzenspferd ist. Und so nah an ihrer Seele und überhaupt. „Dein Freund und Helfer. Nicht.“ weiterlesen

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Für euch gelesen: Horse Brain, Human Brain

Ach, Gehirne. Interessant, denkt die sogenannte Besitzerin und hofft auf ein Lehrbuch für besseres Reiten durch reine Gehirnaktivität. Weil körperlich funktionierts ja vorn und hinten nicht. Deshalb, so ihre Idee: vielleicht kann sie sich ja besonders schlaue Gedanken machen und so – quasi wie durch Zauberei – endlich besser reiten? Mit der Piaffe klappt es blöderweise immer noch nicht, und wenn sie ganz ehrlich ist, mit den meisten anderen Lektionen auch nicht. Zack, gekauft.

Ach, Gehirne. Interessant, denke ich und gebe das Buch direkt weiter an den Lutschi, der bekanntlich unser spanisches Mähnenwunder ist und intellektuell eher nicht betroffen. Er hat zwar nur ein sehr kleines Gehirn, darf aber zum Ausgleich zwischendurch mal seinen Kopf in die Kamera halten. Weil irgendwer muss es halt tun und besser er als ich, schon wegen der Energie, die dafür aufgewendet werden muss.  „Für euch gelesen: Horse Brain, Human Brain“ weiterlesen

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Diät und so, ihr kennt das

Die Weihnachtstage sind nicht spurlos an der sogenannten Besitzerin vorbeigegangen, sie ist ganz schön mopsig geworden. Dafür brauche ich keine Waage, das merke ich schlicht und ergreifend daran, dass ich fast in die Knie gehe, sobald sie sich auf meinen Rücken schwingt.

Eine Waage gibt’s auch nicht mehr, erfahre ich soeben. Der Mann hat der Frau ein Superduperüberraschungsgeschenk gemacht und ihr eine Digitalwaage mit eingebautem Thermomix, Massage-Funktion und Körperfettanalyse und auch sonst allem Zipp und Zapp verehrt, was die Frau mit großer Undankbarkeit aufgenommen hat. Das unglückselige Geschenk wurde direkt in den Keller verbannt, wo es auf den nächsten Sperrmüll-Termin wartet. Ich mag mich irren, aber mir scheint, der Haussegen hängt unweihnachtlich schief. „Diät und so, ihr kennt das“ weiterlesen

Von drauß vom Walde komm ich her…

… und kenne keine Häuser mehr. Auch keine Weihnachtsdeko, keine Zäune oder Hecken und schon gar keine Blumenkästen. Denn was ihr vielleicht nicht wisst: Darin lauert das Böse. Sogar das spanische Mähnenwunder, das sonst so unbefangen im Umgang mit anderen ist, guckt skeptisch, wenn es an so einem Pflanzbehältnis vorbeigehen soll.

Aber der Reihe nach. Am Wochenende stehen ja bei uns regelmäßig Ausritte auf dem Programm. Zweimal im Jahr ist ja auch irgendwie regelmäßig. Natürlich nur, wenn es weder zu warm oder zu kalt ist. Auch Regen und Wind sind Naturkatastrophen, die die sogenannte Besitzerin abschrecken, Stichwort höhere Gewalt. Dann geht es halt nicht, tut ihr furchtbar leid. Aber wenn es doch mal schön ist, vergreift sie sich heimlich an den Beruhigungskräutern aus der Futterkammer und mutiert gefühlt zu Ingrid Klimkes kleiner Schwester. Und dann gehen wir todesmutig kleine oder größere Runden ins Gelände. Wobei: Sie kennt genau eine kleine Runde und genau eine große Runde. Aber immerhin. Und besser als gar nicht aus der Halle rauszukommen, wo momentan alle ihren Hallenkoller ausleben. „Von drauß vom Walde komm ich her…“ weiterlesen