„Nicht schon wieder“, stöhnt die Frau, meine sogenannte Besitzerin, als Frau Reitlehrerin mit ihrer zum Verrücktwerden guten Laune vorschlägt, das anfängliche Schrittreiten vor der Reitstunde durch Warmführen zu ersetzen. Und warum stöhnt sie so? Weil wir das schon mal hatten. Und warum möchte Frau Reitlehrerin das? Ich will es euch erklären. Sobald die sogenannte Besitzerin auf mir rumsitzt und am langen Zügel Schritt reitet, hat sie das Handy in der Hand und schreibt WhatsApps oder guckt Videos, wobei sie häufig kichert. Außer beim Ausreiten, da traut sie sich das nicht. Da hält sie sich an den Zügeln fest und guckt wild in der Gegend herum.
Also kein Fleischtransport mehr, sondern koordiniertes Führen. Ich bin gespannt. Ich meine, schließlich ist die sogenannte Besitzerin dabei 😀
Im Moment leistet Frau Reitlehrerin allerdings noch Überzeugungsarbeit, weil die Frau verstockt dreinblickt und sich weigert, zu kooperieren: „Schließlich heißt es REITstunde und nicht Führstunde!“
„Wobei das korrekte Führen auf geraden und gebogenen Linien anspruchsvoll ist und mit Gymnastizierung vom Boden aus zu tun hat“, lockt Frau Reitlehrerin. „Du könntest daraus viel für die Arbeit an der Hand lernen und zum Beispiel für die Seitengänge nutzen. Die du im Übrigen auch prima vom Boden erarbeiten könntest.“
Hier gehts zu den sehr empfehlenswerten Online-Kursen von OsteoDressage, wo ihr mit dem Gutscheincode PFRIDOLIN10 zehn Prozent sparen könnt. Auch bei den Trainingsplänen! (leider nicht mit anderen Rabatten kombinierbar)*
„Arbeit an der Hand, so wie die alten Reitmeister mit den Lipizzanern?“, fragt die Frau, und in ihren Augen funkelt es begehrlich. „Nur halt in jung und hübsch“, ergänzt sie. Ich lache immer noch.
„Und ohne Lipizzaner“, ergänzt nun wieder Frau Reitlehrerin.
„Ja, aber trotzdem. Und dafür wäre das quasi die Vorstufe?“
„Mit dem richtigen Führen fängt alles an“, antwortet Frau Reitlehrerin diplomatisch. „Du lernst, auf korrekte Ausführung zu achten und kannst vom Boden aus anders einwirken als von oben. Und für den Pfridolin ist es eine schöne Abwechslung. Am besten gehst du erst mal zwei Runden auf jeder Hand ganze Bahn und achte darauf, dass der Pfridolin fleißig mittritt. In der ganz normalen Führposition, etwas vor seiner Schulter, aber mit dem Unterschied, dass du auf seiner Innenseite bleibst.“ Sie übersetzt: „Du führst ihn also mal von rechts und mal von links. Das bewirkt, dass ihr beide auf beiden Händen besser werdet und hilft somit bei der Geraderichtung. Du gehst ganz normal geradeaus, die Zügel hängen leicht durch.“
Die Frau geht los, ich bleibe stehen. Als sie mich am Zügel hinter sich herziehen will, greift Frau Reitlehrerin ein. „Du musst ihm schon sagen, dass er jetzt angehen soll. Am besten, in dem du das Stimmkommando für Schritt verwendest, denn diese Gangart soll er jetzt zeigen. Reagiert er nicht sofort, darfst du ihn ganz leicht mit der Gerte antippen.“
Die Frau sagt „Schhhhh“ für Schritt und ist ganz stolz, dass ihr das sofort eingefallen ist. Ich dackele gehorsam los. Die Zügel hängen durch, also alles schick. Unfallfrei legen wir unsere zwei Runden zurück. Wenn ich langsamer werde, passt das Frauchen auf wie ein Luchs und guckt böse. Und weil sie sich dabei in Richtung meiner Hinterhand umdreht, kommt das sogar als treibende Hilfe bei mir an. Klar, wenn sie zum Umdrehen den kurzen Weg nimmt und mir direkt böse ins Gesicht glotzt, wirkt das verbremsend, das hat ihr Frau Reitlehrerin mal mühsam beigebracht. Also soweit alles prima. Bis zum Handwechsel. Ich weiß ja schon, wie das alles geht, nur die sogenannte Besitzerin tut sich schwer, weil jetzt rechts links ist, jedenfalls in ihrem Kopf. Aber irgendwann hat auch sie sich daran gewöhnt und es läuft bei uns.
„Sehr schön“, lobt Frau Reitlehrerin. „Und jetzt noch ein Handwechsel und kurz nach Erreichen des Hufschlags unaufwendig anhalten, indem du das Stimmkommando fürs Anhalten gibst und selbst stehen bleibst. Du treibst gar keinen großen Aufwand mit Umdrehen oder so, sondern gibst eine dezente Stimmhilfe und bleibst selbst stehen. Ergänzend kannst du dein Becken ein bisschen abkippen und die Knie leicht beugen. Der Pfridolin orientiert sich dann daran.“
Die Frau guckt zweifelnd, probiert das aber aus. Und weil Frau Reitlehrerin sehr klug ist und ich auch, klappt das Anhalten sogar richtig gut, denn ich bin von Natur aus energiesparend veranlagt.
„Und jetzt einatmen, aufrichten, Stimmkommando für Schritt und direkt fleißig angehen.“
Einatmen, stimmt. Und aufrichten. Da war doch was. „Wie beim Reiten“, lächelt Frau Reitlehrerin und die Frau lügt: „Ja klar, wie immer.“
Auf jeden Fall weiß ich jetzt, was Sache ist und das Angehen klappt immer besser und flüssiger, bis der sogenannten Besitzerin warm wird.
„Für die Arbeit an der Hand braucht man Kondition, da seid ihr beide auf einem guten Weg“, lobt Frau Reitlehrerin. Erwähnte ich bereits, dass sie die Diplomatie erfunden hat und Heiligenscheine frühstückt? „Nächstes Mal kümmern wir uns um Schlangenlinien und um Trab-Schritt-Übergänge.“
„Aber jetzt möchte ich bitte reiten“, piepst die sogenannte Besitzerin, die ziemlich außer Atem ist. Aber gleichzeitig entspannt, so dass die anschließende Reiteinheit überraschend fluffig wird. Frau Reitlehrerin kann es halt einfach.
* = Das ist ein Affiliate Link. Wenn ihr hierdrauf klickt und etwas kauft, kostet es euch nicht mehr, aber ich bekomme ein paar Cent für Möhren. Was toll wäre, weil dieses Schreiben nämlich saumäßig anstrengend ist ❤️