Pferdetraining ist Beziehungsarbeit, sagt Frau Reitlehrerin, und als die Frau, meine sogenannte Besitzerin, verständnislos guckt, empfiehlt sie ihr ein Buch. Es sind auch Bilder drin, lächelt sie, und da möchte die sogenannte Besitzerin am liebsten aus der Haut fahren bei so viel guter Laune. Danke, ich kann auch mit Buchstaben umgehen, sagt sie spitz. Aber nicht über den Cowboyhut wundern, sagt Frau Reitlehrerin noch und spätestens da ist die Neugier groß und zack!, das Buch gekauft.
Hier aber erstmal die Eckdaten:
Die 12 Prinzipien der Pferdeausbildung- Beziehung als Basis für effektives Training
Warwick Schiller
Verlag: Cadmos
208 Seiten/ 29,99 EUR
Und wer jetzt denkt, bah Seilchenschwingen Horsemanship, wollen wir nicht, für den gibt’s eine Überraschung. Denn dieser Cowboy ist anders. Woran man das merkt? Zum einen an seiner Aussage „Beziehung geht vor Horsemanship“, die quasi als Überschrift über dem Umgang mit dem Pferd steht. Ein guter Hinweis ist auch meine Lieblingsstelle aus dem Buch: „Je mehr man mitteilen kann, dass man Dinge bemerkt, desto tiefer wird die Verbundenheit.“ Denn Warwick Schiller geht es in erster Linie darum, an der Beziehung zum Pferd zu arbeiten. An der Verbundenheit. Aber nicht so heiti-teiti-mäßig, sondern mit echter, feiner Kommunikation. Daraus ergeben sich dann Lösungen für Probleme, die dann in dieser Form vielleicht gar nicht mehr existieren. Und das von einem hoch erfolgreichen Westernreiter und -trainer, der unter anderem 2010 und 2018 bei den Weltreiterspielen für Australien startete.
Die sogenannte Besitzerin staunt und blättert weiter. Worum geht’s? Hinter den unzähligen Trainingsmethoden, die natürlich auch der Herr Schiller kennt und erläutert, stehen bestimmte Prinzipien. Und wenn man die versteht, weiß man auch, warum man wann was tut. Warwick Schiller beschreibt sehr anschaulich, wie das im Einzelnen funktioniert, unter anderem mit Ausflügen in die Lerntheorie und Psychologie. Und natürlich hat er mittlerweile schon so Einiges erlebt und teilt seine Erfahrungen mit uns (also im Moment mit der sogenannten Besitzerin, die das Buch überraschend anders findet. Also ganz anders als erwartet. Aber irgendwie kann sie auch nicht aufhören kann zu lesen). Und so ganz vielleicht war der Herr Schiller nicht immer so empathisch und bedürfnisorientiert, auch für ihn war es eine Reise. Das ist aber nur eine Vermutung, die die sogenannte Besitzerin nach der Lektüre des Buches hat. Sie hat sich jetzt jedenfalls einen Cowboyhut gekauft (Kernkompetenz Shoppen) und guckt stellenweise sehr nachdenklich. Ich glaube, es wirkt schon 😊
Pro: Dem Herrn Schiller ist es sehr wichtig, die ganz kleinen Dinge zu bemerken und den Pferden nonverbal mitzuteilen, dass er sie wahrnimmt. Dass er die Pferde wirklich sieht und empathisch auf ihre Besorgnis oder ihre anderen Gefühle eingeht. Gleichzeitig werden wirksame Trainingsprinzipien vermittelt und es gibt QR-Codes für passende Videos (in englischer Sprache).
Contra: Im Buch wird mir zu wenig gelobt. Da gibt es immer Pausen als Belohnung, was ganz schön ist, aber so ein Streicheln zwischendurch als Hinweis, dass man auf dem richtigen Weg ist, fehlt. Aber nur im Buch! In den Videos wird gestreichelt. Finde ich wichtig.
Für wen geeignet: Eigentlich für jeden, der ein tiefergehendes Verständnis dafür entwickeln möchte, wie man Pferde ausbilden kann. Es kommen zwar Beispiele aus dem Westernreiten vor, aber auch für Englischreiter gibt es typische Situationen. Sehr informativ und spannend geschrieben!