„Awww Fooooooohlen!“, quietscht die sogenannte Besitzerin beim Ausritt. Weil nämlich außer ihr alle mit Blindheit geschlagen sind. Zur Sicherheit wiederholt sie sich, diesmal mit voller Lautstärke und noch eine Oktave höher: „Awwww Foooooohlen! Wie süß!!!“
Das spanische Mähnenwunder, auf dem sie sitzt, wäre vor Schreck fast umgefallen. Der Lutschi ist halt noch unerfahren. Ich dagegen kenne sie schon länger und bin relativ abgestumpft. Aber der Mann, der sich zurzeit auf meinem Rücken aufhält, beklagt sich über ein komisches Fiepen im Ohr.
„Das ist meine Stimme“, informiert ihn die Frau mit eisigem Blick.
Mittlerweile sind wir auch schon an der Weide mit den Jährlingen vorbei. Aber das Gesehene arbeitet in der Frau weiter. Zuhause wendet sie sich nachdenklich an den Mann: „Wäre das nicht schön, wenn wir ein Fohlen hätten?“ Der ist mit der Situation erstmal überfordert und fordert Hilfe bei Frau Reitlehrerin an.
Die Frau hat währenddessen ein Szenario entwickelt, in dem das Fooooooohlen als Absetzer zu uns zieht und einfach gleich da bleibt.
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„Es wäre dann aber das einzige Fohlen hier auf dem Hof“, gibt Frau Reitlehrerin zu bedenken. „Fohlen müssen mit anderen Fohlen aufwachsen und auf viel Fläche laufen, damit sie gesunde, leistungsfähige Pferde werden. Erwachsene Pferde spielen nicht mehr so viel, da tut sich ein einzelnes Fohlen schwer. Das ist so ähnlich wie bei Menschenkindern.“
Menschenkinder. Bah pfui. Die Frau schüttelt sich. Dann fällt ihr etwas ein. „Aber dann kann ich ihn ja gar nicht erziehen“, meint sie traurig.
„Das machen im Idealfall die anderen Pferde“, erklärt Frau Reitlehrerin.
„Die anderen Fohlen?“
„Na ja, im Idealfall ist bei so einer Jungpferdegruppe ein ausgewachsenes Pferd als Aufsichtsperson dabei. Das sorgt dann für die Erziehung. So ein Fohlen muss ja Sozialverhalten lernen, das ist elementar.“
Aber die Frau hat nicht zugehört und sich gedanklich auf das nächste schmale Brett begeben. „Ich würde ja auch ein Flaschenfohlen aufziehen. Da tut man eine gute Tat und hat später ein Pferd.“
Frau Reitlehrerin schüttelt den Kopf. „Dann bekommst du normalerweise ein freches Pferd, das sich wie ein halber Mensch fühlt und mit anderen Pferden nicht klarkommt. Beziehungsweise die nicht mit ihm.“
„Schade, dass der Pfridolin ein Wallach ist“, erklärt die Frau, deren Gedankengänge sich inzwischen irgendwohin bewegt haben, wo ihr nun wirklich keiner mehr folgen kann. Und übrigens: Das heißt Fast-Hengst. Aber ich bin ja hier nur das Pferd und werde unterdrückt.
„Wieso denn das?“, fragt Frau Reitlehrerin ehrlich erstaunt.
„Da kann ich kein Fohlen draus ziehen, wenn er mal in Rente geht oder nicht mehr reitbar ist. Wie zum Beispiel die Fabi, deren Stute chronisch lahm ist. Die lässt die jetzt decken. Voll schön ist das.“
Frau Reitlehrerin sträuben sich die Nackenhaare. „Damit die ihre Neigung zu Hufrollenproblemen weitervererbt? Die Stute wird sich sowieso freuen, wenn die mit ihren kaputten Beinen ein Fohlen austragen soll. Der Rücken war auch nicht in Ordnung, oder?“
Die Frau nickt.
„Wenn da jetzt erst der Hengst drauf geht und später das Gewicht des Fohlens unten dranhängt, ist das nichts, was man nachmachen sollte“, erklärt Frau Reitlehrerin.
„Können vor Lachen. Der Pfridolin hat zwar durchaus weibliche Formen, ist aber halt ein Wallach,“ erwidert meine Besitzerin, die längst aus einem Heunetz essen müsste, wenn sie ein Pferd wäre.
Beim nächsten Ausritt, diesmal nicht an der Jährlingsweide vorbei, begegnet uns ein freundliches älteres Pärchen. Der Lutschi und ich kennen keine Berührungsängste und durchsuchen Fremde gern sprechen gern mit Fremden.
Diese hier sind außergewöhnlich tolerant und erkundigen sich freundlich-besorgt bei der Frau: „Wann ist es denn soweit?“
Ha! Ich feiere diese klugen Leute! Ich sage immer, dass sie zu dick ist. IMMER. Aber auf mich hört ja keiner.
Die Frau, verständnislos: „Was?“
„Wann kommt denn das Fohlen?“, wiederholt die ältere Dame und deutet auf meinen Bauch.
Frech, oder??? Meine Toleranz älteren Mitbürgern gegenüber sinkt spontan auf Null. Die fiese olle Blindschleiche sollte sich wirklich mal eine neue Brille besorgen. Nochmal ganz langsam, zum Mitschreiben: Ich bin nicht dick, ich bin barock. So.
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