Wir machen ja jetzt alles von zuhause. Home Office, Home Schooling – ihr wisst, was ich meine. Ich bin ja überhaupt ein großer Freund von diesem #stayhome, weil einen die sogenannte Besitzerin da nicht ganz so doll belästigen kann wie sonst. Sie sieht es natürlich anders. Und noch dazu gibt es keinen Reitunterricht und das Zeitfenster im Stall ist immer viel zu klein. Also hat sich die Frau nach viel Mimimi und noch mehr Gezetere überlegt, dass es vielleicht doch ganz schlau wäre, Frau Reitlehrerin nach Turnübungen für Zuhause zu fragen. Home Turning also. Und auch danach, ob sie ihr vielleicht heimlich….? Nein, würde sie nicht. Kein heimlicher Reitunterricht. Doof. Das war leider die falsche Antwort, findet die Frau und teilt das Frau Reitlehrerin in ihrer gewohnt diplomatischen Art genau so mit.
Frau Reitlehrerin kennt die sogenannte Besitzerin und kann damit umgehen. Ihre Antwort lautet:„Versuchs doch mal mit Visualisieren!“
Aha. Die Frau guckt skeptisch, fühlt sich unverstanden und meckert, was sie sich denn darunter vorstellen sollte.
Vorstellen wäre genau das richtige Wort, sagte Frau Reitlehrerin. Dass man sich vorstellen würde, wie man bestimmte Dinge tut, damit man ein inneres Bild davon parat hätte. Das wäre total super und würde einem helfen, seine Ziele zu erreichen. Die Frau sagt nochmal Aha, und für einen kurzen Moment leuchtet das Wort „Piaffe“ in ihren hoffnungsvollen Augen auf. Direkt danach kamen „Einerwechsel“ und „Passage“. Ja, da guckt ihr, was? Genauso hab ich nämlich auch geguckt.
* Ich kann auch Bücher!
Frau Reitlehrerin ist glücklicherweise wesentlich diplomatischer. Sie schlägt nämlich vor, dass die Frau sich erstmal mit ganz normalen Sachen beschäftigen sollte– einem richtig runden Zirkel, beispielsweise. Oder geradeaus die Mittellinie runterreiten – in allen drei Grundgangarten. Das soll sie sich ganz detailliert vorstellen. Wie sie auf dem Pferd (also mir) sitzt und jeden einzelnen Schritt, Trabtritt oder Galoppsprung bewusst reitet.
Ich würde sagen: Eine interessante Herausforderung. Das fängt ja schon mit den Zirkeln an, die sind nämlich bei uns neuartige geometrische Figuren mit mindestens zwei Ecken. Im Gegensatz zu dem perfekten Kreis, den man sonst damit verbindet. Wo man den Hufschlag für eine Pferdelänge betritt und sofort wieder verlässt, weil es ja um eine kontinuierliche Biegung geht. Und zum Thema „geradeaus“ möchte ich anmerken, dass allen, die meine krumm und schief geschnittene Mähne kennen, natürlich völlig klar ist, dass wir die Erfinder der Hufschlagfigur „an der nächsten langen Seite jeweils einen Meter nach rechts und links schwanken“ sind.
Aber ich schweife ab. Die Frau soll sich also vorstellen, dass sie sowas richtig reitet. Frau Reitlehrerin erklärt ihr auch, dass das durchaus anspruchsvolle Übungen sind. Das Allerschwierigste von allem wäre, gut Schritt zu reiten – nämlich zum Beispiel in einer leichten Anlehnung (!) taktrein (!) schön geradeaus (!) zu reiten. Das hätte die Frau nicht gedacht. Sie findet nämlich, dass eine Piaffe viel mehr hermacht als Schritt. Schritt = voll langweilig, Piaffe = toll.
* Und lustige Pferdekrimis auch!
Sie argumentiert, Schritt reiten wäre doch echt nix Besonderes, das würde sie ja jeden Tag machen. Also wenn sie Zeit dafür hätte, coronabedingt und so.
Frau Reitlehrerin lobt sie dafür.
Wie jetzt? Fürs Schrittreiten? Auf der Stirn der Frau erscheint ein Fragezeichen.
Ja!, sagt Frau Reitlehrerin, Schrittreiten würde so oft unterschätzt, und es wäre super, dass die Frau ganz bewusst Schritt reitet. Sie fragt die Frau, wieviele meiner Beine sie denn beim Schrittreiten spüren würde. Zwei, drei oder alle vier?
Die Frau kann das so spontan nicht beantworten. Ich bin nicht überrascht. Ich fand es nämlich ehrlich gesagt eine lustige Idee von Frau Reitlehrerin, die Worte „Frau“ und „bewusst reiten“ miteinander zu kombinieren. Beim Schritt reiten guckt sie nämlich meistens auf ihr Handy.
Aber zurück zur Frau. Die fragt gerade, wie und warum man das denn bitteschön spüren sollte, das mit den Pferdebeinen. Frau Reitlehrerin meint, es wäre doch praktisch, wenn man als Reiter wüsste, wo sich die Beine seines Pferdes gerade befinden, und fürs feine Reiten unverzichtbar.
„Hach! Feines Reiten = Piaffe“, denkt die Frau. Und: „Wurde ja auch Zeit!“
Frau Reitlehrerin biegt der Frau gerade noch bei, dass das eine tolle und ganz besondere Aufgabe ist. Die sogenannte Besitzerin wächst direkt um einen halben Meter, fühlt sich extrem wichtig und will jetzt unbedingt auch mal was merken.
Prima, lobt Frau Reitlehrerin, geritten würde mit dem Hintern, und ohne Fühlen ginge es nicht.
Die Frau reitet jetzt also innerlich Schritt auf dem Zirkel und versucht, jede Bewegung mitzubekommen. Gleichzeitig soll sie mich biegen und stellen, und zwar mit ganz leichter Anlehnung und mit beweglichen Fingern, wie beim Klavierspielen.Und bloß nicht zu viel am inneren Zügel machen! Als nächstes könnte die Frau ja den Trab dazu nehmen und dann vielleicht noch ein Galöppchen. Und immer schöne Übergänge reiten, mit Großwerden im Sattel und so.
Aufregend! Die Frau hat Blut geleckt. Ihre Augen glänzen, und als sie hört, dass das eine ganz tolle Übung ist, die man auch sehr schön am heimischen Schreibtisch oder im Büro machen kann, beschließt sie, ihre persönliche Produktivität in der nächsten Woche auf ein Minimum zu reduzieren und stattdessen lieber mental die Hüften zu schwingen. Mit konzentriertem Gesichtsausdruck und einem gelegentlichen Zungenschnalzen.
„Aber Turnübungen sind das nicht“, fällt ihr noch ein.
„Die kommen als Nächstes“, ist Frau Reitlehrerins Antwort.
Ich bin gespannt – das wird sicher lustig 😉
Bild: Ich im Home Office
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