„Das war ich nicht!“ Wie die personifizierte Unschuld starrt Frau Heinzi die sogenannte Besitzerin an. Neben ihr die wie von Geisterhand zerstörte Schwarkowski-Dressurgerte. Traurig kullern die Glitzersteinchen über die Stallgasse. Die Gerte selbst hat einen eigenartigen Knick, der beim besten Willen nicht gesund aussieht.
Und zack, schlechte Laune. „Bist du irre? Die ist mit echtem Schwarkowski-Strass besetzt und war voll teuer!“, teilt die Frau, meine sogenannte Besitzerin, so ruhig und selbstbeherrscht mit, wie wir sie kennen. Nämlich gar nicht. Mit anderen Worten: Rumpelstilzchen lässt grüßen. Mir persönlich ist der klunkerverkrustete Prügel ja vollkommen latte, wegen mir müsste es überhaupt keine Peitschen, Stöckchen oder Meinungsverstärker geben, aber ich bin ja hier nur das Pferd und man sagt mir nach, ich würde lästern.
„Gerade eben war die noch heil. Weiß auch nicht, wieso die jetzt so komisch aussieht. Ich war das jedenfalls nicht“, erwidert Frau Heinzi und geht entspannt ihrer Wege.
„Du hast vergessen zu fegen, da ist noch Dreck am Putzplatz“, ruft ihr die Frau nach. Die Antwort ist ein glockenhelles „Nicht mein Dreck, das war ich nicht!“
Auftritt Frau Elvira, vorwurfsvoll. „Du hast mir doch vor drei Monaten deine Schermaschine geliehen. Hier hast du sie wieder. Ich musste mir für Elvira eine andere leihen, weil deine Maschine kaputt ist.“
„Als ich sie dir gegeben habe, war sie noch heil“, merkt die sogenannte Besitzerin an.
„Nö, die war kaputt. Muss von allein kaputt gegangen sein, ich war das jedenfalls nicht.“ Womit sich Frau Elvira verabschiedet und woandershin geht, um dort anwesend zu sein, wenn Dinge von ganz allein kaputt gehen.
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Trotz abgrundschlechter Laune schafft es die sogenannte Besitzerin, mich ohne größere Unfälle zu putzen und fürs Reiten fertigzumachen. „Tür frei, bitte!“, ruft sie frohgemut in die Reithalle, bevor wir zur Aufsteighilfe wandern und sie sich auf meinen Rücken hievt. Von oben sieht die Welt doch gleich ganz anders aus. Da sieht man zum Beispiel, dass mehrere Pferde in die Halle geäppelt haben. In der Halle ist allerdings nur noch eins, nämlich Esmeralda. Horsti, Klausi und Willi haben mit ihren Reiterinnen soeben den Tatort verlassen und sind damit dringend verdächtig.
„Hey, ihr habt vergessen, eure Pferdeäppel wegzumachen!“, ruft ihnen die Frau hinterher.
„Die sind nicht von uns, wir waren das nicht“, ist die Antwort. Praktischerweise ist jetzt Reitstunde und Frau Reitlehrerin kann gleichzeitig abäppeln und Reitunterricht geben. Was aber möglicherweise nicht im Sinne des Erfinders ist.
Frau Esmeralda ist jetzt auf jeden Fall fertig mit dem Reiten und friemelt ihre Abschwitzdecke von der Bande, um sie Esmeralda mit einem gekonnten Schwung über die Kruppe zu breiten. Dabei fällt meine Abschwitzdecke herunter und liegt in der einzigen matschigen Stelle weit und breit. „Das war ich nicht, die ist von ganz allein runtergefallen“, erklärt Frau Esmeralda achselzuckend und damit ist aus ihrer Sicht alles gesagt und getan.
Aber es gibt so Tage, wo Dinge einfach explodieren oder sich selbst zerstören. Meine neue Regendecke nämlich. Die ist von ganz allein kaputtgegangen. Und warum an meinem Sattel plötzlich Bisspuren sind, wo doch der Sattel direkt neben mir auf dem Anbindebalken lag, wo ich ihn mühelos erreichen kann, und wo sonst weit und breit kein anderes Pferd war, das weiß ich auch nicht.
Das war ich nicht, ich schwöre 😉
Bild: Können diese Augen lügen?
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