Der Unsichtbare und andere Zeitgenossen

„Und? Was macht die Stallsuche?“, erkundigt sich die Frau, während sie an mir herumschrubbt. Gefühllos, wie das so ihre Art ist. Ich möchte das an dieser Stelle mal anmerken.

„Oh, die ist … dynamisch“, kichert die Angesprochene. Es handelt sich um Horstis Besitzerin. Horsti steht neben mir am Anbinder und wird ebenfalls geputzt, aber auf deutlich zartfühlendere Art, wie ich neiderfüllt feststelle.

„Wieso denn das?“

„Na ja, die Stallbesitzer sind schon komisch. Der eine zum Beispiel. Da hab ich angerufen, weil er freie Boxen inseriert hat. Am Telefon hat er mich erst mal angeschnauzt, weshalb ich ihn anrufe und nicht das Mädchen, dass sich bei ihm darum kümmert.“

„Weil seine Telefonnummer bei der Anzeige steht, nehme ich mal an.“

„Genau. Und dann wollte er von mir wissen, warum ich überhaupt ein Pferd habe, die Biester würden doch nur Arbeit machen.“

„Wo er recht hat, hat er recht“, konstatiert die Frau. „Der Unsichtbare und andere Zeitgenossen“ weiterlesen

Warten auf Doktor Mitternacht

Das spanische Mähnenwunder gähnt furchterregend.

„Ganz schön dunkel.“

„Mhm.“

„Meinst du, er kommt noch?“

„Er hat es versprochen!“ Im Brustton der Überzeugung.

„Das hat er gestern auch schon. Und vorgestern. Und vorvorgestern.“

„Am Telefon hat er gesagt, er wäre unterwegs.“

„Unterwegs wohin, fragt man sich.“

„Immer bist du so negativ eingestellt! Wenn ich Tierarzt wäre, würde ich jetzt auch nicht mehr kommen wollen, bei deinen negativen Schwingungen.“ „Warten auf Doktor Mitternacht“ weiterlesen

Teilen mit:

Besser gut gelaufen als schlecht geritten

Rumstehen ist auch cool.

„Hihi, du gehst genauso, wie du reitest“, sagt das Nachbarskind, das die Frau nach einer verlorenen Wette mit in den Stall nehmen musste.

„Anmutig und elegant, gell?“, erkundigt sich die Frau wie eine gütige Hexe.

„Nein, krumm und buckelig! Und voll hektisch“, teilt das Kind mit, bevor es wegläuft. Die Frau grimassiert wild und will das garstige Balg ob seiner Wortwahl belehren, aber zu spät. Dafür trifft es jetzt den Mann.

„Findest du, dass ich … ahem… ungewöhnlich gehe?“, fragt sie.

Der ist unsicher, ob das eine Fangfrage ist und heuchelt sicherheitshalber Unverständnis.
„Besser gut gelaufen als schlecht geritten“ weiterlesen

Teilen mit:

Mach du mal, dann muss ich nicht!

Ein Mädchen galoppiert durch die Dünen.

„Ts ts ts, das ist aber gar nicht gut!“ Missbilligend guckt die sogenannte Besitzerin auf die überquellende Mülltonne, die in der Sattelkammer ein trauriges, wenn auch kein einsames Dasein fristet.

„Immerhin wird sie benutzt, das ist doch schon mal schön“, findet der Mann.

„Ja, aber soooo viel Müll.“ Die Frau runzelt die Stirn. „Das muss doch nicht sein.“ Sprichts und wirft im selben Atemzug ein Halfter weg. „Das ist ganz schmutzig, da muss ich dringend ein neues kaufen. Wir haben gar kein pinkes Reservehalfter, das muss ich dringend ändern!“

Da irrt sie sich. Wir haben Halfter in allen Rosaschattierungen dieses Planeten, mit Plüsch und wahlweise auch mit Glitzer. Und bald haben wir also eins mehr. „Mach du mal, dann muss ich nicht!“ weiterlesen

Teilen mit:

Mikado

Viele bunte Stangen

Stangenarbeit kennt ihr, oder? Da lädt einem die sogenannte Besitzerin krachend einen buntbemalten Stapel Holz auf den Reitplatz und wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Dass man das auch anders machen kann, habe ich erst vor kurzem herausgefunden. Man kann die Stangen nämlich auch PASSEND hinlegen. Ja, genauso habe ich auch geguckt. Aber von Anfang an. „Mikado“ weiterlesen

Teilen mit:

„Was kann ich denn dafür, dass ich so ein unruhiges Bein habe?!“

Das Bein ist lang und locker. Also theoretisch.

Frau Reitlehrerin hat sich eine kurze Auszeit gegönnt – gegen den erklärten Willen meiner sogenannten Besitzerin. („Wie – du brauchst Urlaub? Hier im Stall verbringen wir unsere Freizeit, wovon musst du dich denn da erholen?!“). Nun ist sie wieder da, um zu begutachten, was sich während ihrer Abwesenheit getan hat. Sehr viel, könnte ich ihr antworten, aber ich bin ja hier nur das Pferd und werde gemobbt. Zum Beispiel von der sogenannten Besitzerin, die sich für die Wiedergeburt von Ingeborg Werth hält. Oder wie die heißt, ich kann mir ja nicht alles merken. Die Frau ist jedenfalls wieder voll im Dressurqueen-Modus und lässt es jeden merken, den Lutschi und mich eingeschlossen. „„Was kann ich denn dafür, dass ich so ein unruhiges Bein habe?!““ weiterlesen

Teilen mit:

Ohne Moos nix los

Neulich auf dem Reitplatz: „Hallo, ich bin die Elaine und das ist Black Romantica“, piepst es neben uns. „Der ist aber süüüüüß! Ist das ein Friese?“. Die Sprecherin deutet auf mich. Frechheit. Ich bin ein stolzer Hannoveraner und du brauchst eine Brille.

Neben der Elaine steht eine Art Tinker. Mit einem Karpfenrücken, der seinesgleichen sucht. Mit den sonstigen Gebäudefehlern kann man Krüppelquartett spielen. Aber die Elaine ist noch nicht fertig. Treuherzig verkündet sie: „Die hab ich vor dem Schlachter gerettet! Meine Mutter war dagegen, weil ich noch zur Schule gehe, aber ich hab sie einfach gekauft!“ Als sich daraufhin kein Beifallssturm regt, sucht sie verzagt das Weite und ihren Putzkasten. Black Romantica lässt sie der Einfachheit halber direkt da, am Anbinder. „Ohne Moos nix los“ weiterlesen

Teilen mit:

Für euch getestet: Wehorse – die Online-Reitschule

Alle gucken Videos – wir auch! Aber nicht irgendwelche. Nein, Ingrid Klimke darf es schon sein. Die ja bekanntlich von der Frau, meiner sogenannten Besitzerin, religiös verehrt wird. Oder Uta Gräf. Oder Anja Beran. Nur vom Feinsten halt. Wir sind nämlich überhaupt nicht anspruchsvoll. Seit die Frau auf Wehorse gestoßen ist, tut sie ihre bisherigen YouTube-Favoriten mit einem abfälligen Schulterzucken ab, gern auch in Kombination mit einem verächtlich gezischten „Anfänger!“.

Wobei sie gern vergisst, dass sie genau diese Leute noch vor wenigen Tagen angehimmelt und beneidet hat, aber so ist sie halt. Meinungsflexibel durch und durch. Jetzt ist es also eine Online-Reitschule. Die Vorteile liegen auf der Hand: man macht sich nicht schmutzig und kann währenddessen auf der Couch Popcorn futtern. „Für euch getestet: Wehorse – die Online-Reitschule“ weiterlesen

Teilen mit:

Issernichsüß? Ja issernichsüß?

Ein Hundewelpe lächelt in die Kamera.

„Issernichsüß? Ja issernichsüß?“ Fragend wendet sich die Frau an Frau Reitlehrerin, während ein zotteliger Welpe an ihr hochspringt. Und zu dem herumhopsenden Hundchen: „Ja wo ist denn der kleine Schnuckiputzi? Gell, du bist süß!“

„Ja, der ist süß“, bestätigt Frau Reitlehrerin. „Den hab ich mitgebracht.“

„Du hast einen Hund?“, staunt die sogenannte Besitzerin.

„Nur als Urlaubsvertretung“, erklärt Frau Reitlehrerin.

„Und wie heißt er?“

„Joshua-Leon.“

„Awwwwwwww“, jauchzt die Frau. „So ein Süüüüüüüüßer!“

Der Lutschi, der unser spanisches Mähnenwunder ist, und ich stehen am Zaun und beobachten das Geschehen aus sicherer Entfernung. Was vernünftiger ist, wenn die Frau an irgendwelchen Aktivitäten beteiligt ist. Ihre Schnapsideen sind legendär. Ich erinnere da nur an ihre Versuche zum Thema Reitkunst. Aber noch viel lieber würden wir uns die Ohren zuhalten können, denn die Frau ist mit Issernichsüß? Ja issernichsüß? auf Autorepeat. Hunde sind anscheinend nur begrenzt intelligent, denn im Gegensatz zum Lutschi und zu mir verdreht Joshua-Leon bei den hohen Piepstönen nicht die Augen und erhöht auch nicht die Fluchtbereitschaft. Stattdessen umwuselt er die Frau immer ekstatischer. Die schmilzt dahin und man kann förmlich dabei zugucken, wie ihre Gehirnzellen Selbstmord begehen. „Issernichsüß? Ja issernichsüß?“ weiterlesen

Für euch gelesen: Positiv denken – besser reiten

Das spanische Mähnenwunder liest "Positiv denken - besser reiten"

LILILILI, gellt es durch die Reithalle und alle Köpfe drehen sich nach der Quelle des Lärms. Es ist, wie nicht anders zu erwarten war, die Frau, meine sogenannte Besitzerin, die ein Buch gelesen hat.

Ausgerechnet die Frau.

Jedem anderen hätte ich es eher zugetraut, sogar dem Lutschi, unserem spanischen Mähnenwunder. Aber Frau Reitlehrerin hat es empfohlen und dann kann es ja nur gut sein. „Für euch gelesen: Positiv denken – besser reiten“ weiterlesen

Teilen mit: