Buh, Sportreiter, sagt die Frau, meine sogenannte Besitzerin, als wir eierig um Frau Reichundschön herumtraben, die mit ihrem Expensive Edelbert noch einmal die Dressuraufgabe für das nächste Turnier durchgeht. Frau Reichundschön rümpft die vornehme Nase, reitet entspannt die Aufgabe durch, tätschelt dann ihren Edelbert und trabt zum Abschluss locker-flockig leicht. Trotz Sitzprothese und Lackledertrense.
Hmpf, macht die sogenannte Besitzerin. Mit Sportreiten haben wir nix zu tun, und das ist auch gut so, weil ich ja Freizeitpferd bin. Ich DARF gar keinen Sport machen oder mich sonstwie anstrengen. Außerdem hat die sogenannte Besitzerin andere Pläne und möchte Reitkunst treiben, und da bin ich notgedrungen mit dabei. Ich sage nur Piaffe. Oder in unserem Fall: vorn ziehen, hinten treiben. Jedenfalls, wenn Frau Reitlehrerin sie nicht erwischt. Die hält nämlich sehr viel von vernünftig gerittenen Basics inklusive einer gewissen sportlichen Betätigung und ist gegen Pi und Pa um jeden Preis.
Aber wo war ich? Buh, Sportreiter, genau. Das sagen auch die Reitprofis von der Bande, die jetzt alle ihre Pferde systematisch verfetten lassen – Stichwort All you can eat – und sie auch nicht mehr putzen, weil das gegen die Natur ist. Im Gegensatz zu Hufrehe, die kommt auch in der Natur vor. Total schön, so selbstbestimmt, sagen sie. Schmied und Tierarzt brauchen sie auch nicht mehr, weil das total unnatürlich ist.
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Dann haben wir bei uns im Stall noch die Westernreiter und die Wattebäuschchenwerfer. Die einen treiben Horsemanship, bis es manchmal nicht mehr auszuhalten ist, und die anderen setzen auf antiautoritäre Erziehung und finden erstmal alles toll, was ihre Pferde machen. Bis die dann beim Führen oder Reiten nicht mehr händelbar sind und die Besitzer sicherheitshalber nicht mehr in den Stall kommen. Nicht alle, aber manche.
Während die Reitkünstler, allen voran die sogenannte Besitzerin, vom Reiten auf blanker Kandare träumen und auch schon mal beherzter einwirken, als es die Reitlehre vorsieht. Weil: „Sind ja klassische Lektionen, die kennt heutzutage keiner mehr.“ So die sogenannte Besitzerin mit treuherzigem Augenaufschlag. Und da weiß auch logischerweise keiner, wie sowas eigentlich geritten wird. So jedenfalls der Plan. Und wenn dann doch jemand – wie zum Beispiel Frau Reitlehrerin – berechtigte Einwände hat, versucht man mit ihr zu diskutieren. Das ist der Teil, den ich persönlich am lustigsten finde. Weil man da leider, leider regelmäßig den Kürzeren zieht. Denn Frau Reitlehrerin weiß nicht nur alles, sondern kann auch alles erklären. Zum Beispiel, dass man nach jeder Reitweise schlecht reiten kann. Und dass alles, was man im Umgang mit dem Pferd falsch macht, richtig in die Hose gehen kann, meistens fürs Pferd.
„Aber die Sportreiter sind die schlimmsten“, piepst die Frau, die ihre Felle langsam davonschwimmen sieht.
„Da hat die Sportreiterei kein Monopol drauf“, lächelt Frau Reitlehrerin pädagogisch. „Aber es ist schon so: Wenn man mit Pferden viel Geld verdienen kann, geht das oft Hand in Hand mit ihrer Ausbeutung. Auch schlimm: Wenn es in erster Linie um Selbstdarstellung geht und nicht ums Pferdewohl. Viel schöner wäre es doch, wenn das Reiten eine reine Liebhaberei wäre.“ Und sie fasst zusammen: „Krankhafter Ehrgeiz ist immer schlecht.“
„Das Gegenteil aber auch“, findet die sogenannte Besitzerin.
„Krankhaftes Desinteresse auch, genau“, bestätigt Frau Reitlehrerin. „Die Wahrheit liegt wie immer irgendwo in der Mitte.“ Und ich weiß ja nicht, wie es euch so geht, aber ich habe in meiner Mitte ein ganz hungriges Gefühl und könnte jetzt einen Snack vertragen. Aber keinen mittleren. Lieber einen großen.
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