„Jaaaaaa, cool! Sehr cool! Sehr cool machst du das!“ Die Frau sitzt auf dem spanischen Mähnenwunder und schaukelt um einen anderen langhaarigen Zausel herum, der in der Zirkelmitte steht und alles cool findet, was sie tut. Beziehungsweise sehr cool. „Jetzt musst du mit dem Gebiss arbeiten! Und außen mehr Gas geben!“
Vom Paddock aus kann ich den Reitplatz sehen. Der Mann leistet mir Gesellschaft und gemeinsam bewundern wir den neuen Reitlehrer der Frau. „Nennt mich Jeff“, hat er sich vorgestellt. „Ist mein Künstlername.“
Aha. Künstler mit Künstlernamen hatten wir noch nicht. Bisher hatten wir Frau Reitlehrerin, und das war genau das Richtige für uns. Dann hat die irgendwann einmal zuviel Kritik geäußert und damit kann die sogenannte Besitzerin ganz schlecht umgehen. Also wurde Frau Reitlehrerin abserviert und die Frau ist eine Zeitlang unter Ausschluss der Öffentlichkeit geritten und hat dabei buddhistische Weisheiten zitiert. Irgendwann hat ihr das nicht mehr gereicht, außerdem war das frühe Aufstehen einfach lästig. Also hat sie nach drei Tagen mit der buddhistischen Reitkunst aufgehört und mit dem Jeff angefangen. Der kostet fast gar nix und findet alles toll, was sie tut. Ein gutes Geschäft, meint die Frau und zergelt weiter an dem spanischen Mähnenwunder herum. „Jaaa, sehr cool“, sagt der Jeff dazu.
Leider werde ich vor solch lebensverändernden Entschlüssen nicht um meine Meinung gefragt, und so hat sich die Frau gegen Frau Reitlehrerin und für den Jeff entschieden. Weil sie Piaffe reiten will. Oder wenigstens Dinge, die kein anderer reitet. Vielleicht sollte ihr der Mann mal stecken, dass kein anderer so eckige Zirkel wie sie reiten kann, aber das gibt gleich wieder schlechte Stimmung. Die feine Dame ist nämlich sensibel, und Kritik negative Schwingungen kann sie gerade nicht ab.
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Da ist sie bei dem Jeff genau richtig. Außer „sehr cool“ und „außen mehr Gas“ sagt der nix, und die Frau schnurrt wie ein Kätzchen. Das spanische Mähnenwunder ist mittlerweile zum Tralopp vorgedrungen und das Lächeln der Frau wirkt etwas gezwungen. Der Jeff findet aber auch das sehr cool und dann muss das wohl so sein. Das ist wahrscheinlich dieses künstlerische Flair, überlegt der Mann. Böse Zungen behaupten auch, der Jeff könnte selbst gar nicht reiten, sondern wäre ein Künstler und Naturtalent. Und da haben er und die Frau viel gemeinsam, die hält sich ja auch gern für ein Naturtalent. Und außerdem ist er spottbillig und lobt viel.
„Bald kommt die Piaffe!“, ruft die Frau zu uns herüber.
„Ja, sehr cool. Außen bisschen mehr Gas!“, ist Jeffs Kommentar dazu.
Und ich weiß nicht warum, aber aus irgendeinem Impuls heraus zückt der Mann sein Smartphone und filmt die Frau bei dem, was sie da treibt. Und es würde mich sehr wundern, wenn wir nicht bald Frau Reitlehrerin in alter Frische bei uns wiedersehen, denn dieses „außen mehr Gas“ geht mir allein schon beim Zuhören auf den Zeiger. Und spätestens wenn die sogenannte Besitzerin sich mit eigenen Augen davon überzeugt hat, wie bescheiden der Lutschi daherläuft und wie krumm sie selbst darauf hockt – und wie gut dem Jeff das gefällt – dann, ja dann ist es Zeit für einen reumütigen Anruf und für viele neue Termine mit Frau Reitlehrerin. Denn möglicherweise, so ganz eventuell, ist es nicht Frau Reitlehrerins oder meine Schuld, dass die Frau immer noch nicht reiten kann 😉
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2 Antworten auf „„Außen mehr Gas!““
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