Benny hat frei. Schön für ihn. Benny ist ein deutsches Reitpony und lahmt. Weshalb der Tierarzt Boxenruhe und Schmerzmittel verordnet hat. Ist aber egal, weil ihm seine Besitzerin erst Schmerzmittel gibt, und zwar volle Dröhnung, und ihn dann zu seinen Kumpels auf die Weide stellt. Mit der Begründung: „Die Lisa hat gesagt, das ist gut für ihn.“
Die Frau, meine sogenannte Besitzerin, guckt komisch. Ich glaube, sie kann nicht anders. „Der Tierarzt heißt aber doch nicht Lisa, oder?“ Süß, wie ahnungslos sie ist.
Bennys Besitzerin guckt zurück und erklärt: „Die Lisa hat gesagt, das muss so. Und die hat viel mehr Ahnung als so‘n oller Tierarzt. Der muss das ja auch so sagen, um sich abzusichern. Beziehungsweise weil man das früher so gemacht hat, sagt die Lisa. Also geht der Benny raus.“ Wir sehen ihn im Hintergrund über die Weide galoppieren. „Schön, nicht?“, freut sich Frau Benny.
„Und wenn sich sein Zustand verschlechtert?“, fragt die Frau interessiert. „Dann frag ich die Lisa“, ist die Antwort.
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Drei Boxen weiter wohnt Esmeralda. Die wäre eigentlich jetzt fällig für den Schmied, die sechs Wochen sind um. „Ach, das hat noch Zeit“, lächelt Esmeraldas Besitzerin entspannt. „Die Lea meint auch, das kann man noch ziehen. So ein Beschlag kostet ja doch immer viel Geld, und das brauch ich im Moment für mich.“
„Wenn die Hufe zu lang werden, ist das aber auch nicht gut“, gibt die Frau zu bedenken. Ach guck, wenn die nicht an die Beruhigungskräuter in der Futterkammer geht, ist sie der reinste Vernunftschlumpf, denke ich mir.
„Die Lea sagt, das geht. Bei ihr kommt der Schmied alle zehn Wochen, manchmal noch später, und bei der klappt das auch.“ Wenn die Lea das auch so macht, macht das die Sache nicht unbedingt besser, denke ich mir, aber ich bin ja hier nur das Pferd und man sagt mir nach, ich würde lästern.
Wenig später, an Günthers Box: „Guck mal, der guckt doch komisch.“ Günthers Besitzerin mustert ihn kopfschüttelnd und beschließt dann: „Ich lass ihn direkt mal auf die Weide, da kann er sich seine Heilkräuter selbst suchen.“
Die sogenannte Besitzerin sieht sich zweifelnd um. Jakobskreuzkraut und Sauerampfer, soweit das Auge reicht. „Meinst du?“
„Klar, das hat die Insa so gesagt. Die hat auch so Vorahnungen. Wie eine richtige Hexe. Letztens hat der Günni eine Kolik gehabt und die Insa hat gesagt, das hätte sie morgens schon gespürt.“
„Warum hat sie dann nicht morgens schon was dagegen unternommen?“
„Da war es ja noch nicht so schlimm.“
Ja nee, is klar. Da kann sich der Tierarzt auf den Kopf stellen. Und der Hufschmied auch und alle, die ihren Beruf gelernt haben. Natürlich können sich auch diese Leute irren, aber dann holt man sich doch eine zweite Meinung von einem Experten ein und fragt nicht das spanische Mähnenwunder oder den sympathischen Obstverkäufer und glaubt denen mehr als den Fachleuten.
Wenn aber der Obstverkäufer oder Lisa, Lea oder Insa aka die freundliche Hexe von nebenan sagen: „Diesen Leuten glauben wir nicht, wir machen das so, wie ich das will und scheiss auf die Fakten“, dann isses doch komisch, oder.
Zum Glück haben wir unsere Frau Reitlehrerin, die die sogenannte Besitzerin immer noch einfangen kann, wenn die auf ganz wirre Ideen kommt. Und im Notfall melde ich mich bei euch, damit ihr mich rettet. Ich bekomme übrigens jeden Tag zwanzig Kilo Hafer und fünfzehn Kilo Möhren, hat die Insa gesagt.
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