Schlangenlinie – einfach oder kompliziert?

„Und was reiten wir jetzt Tolles?“, mault meine Reiterin. Wir haben Reitstunde und Frau Reitlehrerin hat etwas Besonderes versprochen, für all die guten Vorsätze, die aus der Frau, meiner sogenannten Besitzerin, herauswollen. Und da macht man sich als Reiterin natürlich Vorstellungen. Von Piaffe, Pilaren möglicherweise, aber zumindest von einem mittelgroßen Symphonie-Orchester als Begleitung für all das Künstlerische, was die sogenannte Besitzerin auf die nichtsahnende Menschheit loslassen will. Und was gibt es nun tatsächlich? Ein paar Pylonen. „Ich kann dir auch noch Dualgassen und Cavaletti aufbauen“, strahlt Frau Reitlehrerin, „aber vielleicht erst nach dem Aufwärmen.“

Die Frau seufzt abgrundtief und führt mich in die Reithalle. Ist das jetzt schon der Teil, wo sie sich mehr bewegen will, frage ich mich interessiert. Tatsächlich, so ist es. Die ersten zehn Minuten der Reitstunde führt sie mich. Aber nicht so stumpf außen rum, wo man in jeder Runde zuverlässig was von den weihnachtlichen Tannenzweigen abbeißen kann, die seit einiger Zeit in der Halle hängen. Nein, Frau Reitlehrerin sorgt auch da für kreativen Input, indem sie vorschlägt, doch mal Hufschlagfiguren zu führen. Für mehr Abwechslung. „Und beim Reiten hilft es dir auch“, lächelt sie ihr gut gelauntes Reitlehrerinnenlächeln.

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„Ja klar, wenn ich hier rumlaufe, kann ich dadurch besser reiten“, muffelt die sogenannte Besitzerin.

„Genau, weil du nämlich deine Wege planen und einteilen musst und es zu Fuß einfacher ist, genau am Punkt anzukommen oder loszugehen.“

„Wieso ist das überhaupt wichtig? Die anderen gehen auch nur ganze Bahn und Zirkel, mehr Hufschlagfiguren braucht doch kein Mensch.“

„Aber ganz im Gegenteil, Hufschlagfiguren sind sehr nützlich. Beispiel: Die einfache Schlangenlinie.“

„Ist doch pupsi-einfach“, behauptet die Frau. „Heißt ja auch schon so: EINFACH. Einfach nen Kringel reiten, fertig.“

„Fast“, lächelt Frau Reitlehrerin. „Zunächst mal reitest du die Ecken schön tief aus. Damit kannst du schon beim Schrittführen anfangen, denn dabei fragst du beim Pfridolin eine erste Biegung ab. Einfach, indem du ihn tief in die Ecke hineinführst. Die kannst du nämlich mitbenutzen.“ Die Frau guckt komisch und findet das nicht ganz so lustig wie ich. Wir sind auf der linken Hand und haben also mittlerweile zwei Ecken an der kurzen Seite hinter uns, wo wir uns schon mal mit dem Rechts-Stretching beschäftigen konnten. „Denn“, wie Frau Reitlehrerin ausführt, „bei der Biegung wird die Innenseite des Pferdes verkürzt, also beim Pfridolin die linke, und die rechte Seite wird gedehnt. Beim Reiten hättest du jetzt eine schöne Anlehnung am äußeren Zügel, die dir beim Abwenden ins Bahninnere hilft und die du eine Zeitlang beibehalten kannst. Du wendest also in Linksstellung und -biegung ins Bahninnere ab, und zwar bis zu dem Pylon, den ich dir kurz nach F hingestellt habe. Ab da legst du eine sanfte Rechtsbiegung an, und zwar bis zum nächsten Pylonen, den ich dir vor B, also vor die die Mitte der langen Seite, gestellt habe. Ab da gehst du auf deinem Rechtsbogen bis zum nächsten Pylon, der kurz vor M steht und legst dort eine sanfte Linksbiegung an. Bei M erreichst du die lange Seite und gehst wieder tief in die Ecke.“

Zeichnung

„Pupsi-einfach, sag ich ja“, lügt die Frau, der vor lauter links und rechts schon der Kopf schwirrt. Aber Frau Reitlehrerin ist noch nicht fertig: „Theoretisch kannst du das im Trab alles allein am äußeren Zügel reiten, der sich natürlich je nach Biegung und Stellung ändert und es ist sowohl eine lösende wie auch eine fortgeschrittene Übung, wenn du die Schlangenlinie allein aus deinem Sitz und deiner Bewegungsvorstellung heraus mit minimalen Hilfen reitest.“

Aha, muffelt die sogenannte Besitzerin und marschiert missmutig los, die Pylonen fest im Blick. Wenig später fällt ihr auf: „Oh, ah, da muss man sich ja bei konzentrieren“ und sie beschließt: „Ich muss ja nicht zehn Minuten Schritt führen, ich kann ja auch Schritt reiten.“

„Natürlich“, lächelt Frau Reitlehrerin. „Und da kannst du direkt aus dem Sitz heraus reiten, in dem du dem Pfridolin die Zügel auf den Hals legst und die einfache Schlangenlinie komplett ohne Zügel reitest.“

„Ohne Zügel, oje“, barmt die Frau, aber Frau Reitlehrerin verströmt genug Zuversicht und positive Energie, dass es für eine Großfamilie reicht. Sicherheitshalber begleitet sie uns auf die Reise durch die Reitbahn, so dass die Übung auf jeden Fall gelingt und die Frau ihr erstes Erfolgserlebnis für dieses Jahr hat.

„An was man alles denken muss! Und überhaupt: Worauf man achten muss beim Reiten!“, bemerkt die sogenannte Besitzerin ungewohnt nachdenklich. Ach guck. Und ich dachte immer, es wäre so pupsi-einfach.

„Das ist das Besondere am Reiten: es ist zugleich furchtbar einfach und entsetzlich schwer“, lächelt Frau Reitlehrerin einfühlsam. „Weil Menschen alles über die Hände und die Zügel lösen wollen, dabei spielen die im Orchester der Hilfen die geringste Rolle. Das Schöne an den Hufschlagfiguren ist ja, dass dir die Linienführung vorgegeben ist. Du musst dir nur noch vorstellen, wie sich der Pfridolin auf dieser Linie fortbewegt.“

„Das ist ja tricky“, staunt die Frau. „Wer hätte gedacht, dass dieses Reiten gleichzeitig so einfach und so kompliziert sein kann?! Ja BÄM! Überraschung!

Und da sieht man mal wieder, dass man sich diejenigen Sachen am besten merken kann, die man selbst erfühlt und herausgefunden hat. Beziehungsweise wo einen Frau Reitlehrerin geduldig und so subtil ans Händchen genommen hat, dass man denkt, man hätte es allein geschafft. Feine Hilfengebung, auch bei Menschen 😉

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