Was soll denn daran so schlimm sein?

„Genau so muss es sein“, freut sich die sogenannte Besitzerin und fasst die Zügel noch etwas mehr nach, für ein gutes Gefühl in der Hand. Praktischerweise wird mir dadurch der Hals krummgezogen, was auf Fotos bestimmt sehr dynamisch aussieht. Außerdem kann man sich so gleichzeitig an den Zügeln festhalten, wenn man zu steif zum Aussitzen ist und das Pferd den Rücken nicht hergibt, weil es nicht reell geritten ist. Die Nase ist schon lange und kilometerweit hinter der Senkrechten und meine Reiterin fühlt sich wie einer von den Dressurprofis.

„Endlich mal eine gescheite Anlehnung“, jauchzt die sogenannte Besitzerin.

„Wir sind hier aber nicht beim Wasserski“, kommentiert Frau Reitlehrerin, die just in diesem Augenblick am Dressurviereck vorbeischlendert. „Und lächeln sollst du und nicht der Pfridolin, dem du die Mundwinkel gerade in Richtung Ohren ziehst.“

Und zack, schlechte Laune. „Anlehnung heißt aber doch, dass man was in der Hand fühlt“, meutert meine Reiterin.

„In den beweglichen Fingern, nicht in den Muskeln der Ober- und Unterarme“, korrigiert Frau Reitlehrerin. „Die Anlehnung wird vom Pferd gesucht und vom Reiter gestattet.“

„Aber wenn der Pfridolin keine Anlehnung sucht? Weil der nämlich frech ist und mich am ausgestreckten Arm verhungern lässt?“ Der sogenannten Besitzerin kommen die Metaphern durcheinander. „Und was soll daran so schlimm sein, so machen das schließlich alle erfolgreichen Reiter.“

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„Da hast du leider recht, aber dadurch wird falsches Reiten nicht besser“, lächelt Frau Reitlehrerin pädagogisch. „Wenn du mit zu viel Handeinwirkung reitest, hast du keine ehrliche Anlehnung und alles andere, was darauf basiert, ist Pfusch. Die Anlehnung soll nicht viel mehr als das Zügelgewicht sein. Warte, ich zeig‘s dir.“ Sie nimmt die Zügel aus den Eisenfäusten der Frau und demonstriert, wie wenig man als Reiter in der Hand haben sollte. Dabei spricht sie weiter: „Kopf- und Halshaltung des Pferdes sind uns beim Reiten erstmal egal, auf die Hinterhand kommt es an. Die muss fleißig sein, dann kommt der Rest von ganz allein. Nicht übereilt, aber fleißig. Weil der Rest des Körpers mit der Hinterhand verbunden ist, formt sich der Pferdekörper von der Hinterhand ausgehend von ganz allein. Du musst nicht dauernd mit der Hand einwirken. Eigentlich fast gar nicht. Denn wenn du das tust, gibst du zum einen widersprüchliche Hilfen und verwirrst und verunsicherst dein Pferd und zum anderen kommt der Pfridolin dann mit dem Nasenrücken hinter die Senkrechte. Und da gibt es ganz aktuell eine wissenschaftliche Veröffentlichung, eine Meta-Studie nämlich, die besagt, dass jegliches Reiten hinter der Senkrechten tierschutzrelevant ist. Aus diversen Gründen, die man da nachlesen kann.“

„Aber wenn man das nur kurz tut, ist es nicht schlimm. Bis zu zehn Minuten sind ok“, weiß meine tierschutzkundige Reiterin.

„Das hat sich die FN mal gedacht, diese Ansicht ist aber durch die neue Studie widerlegt.“

Mist. Und jetzt?
„Und was macht man da?“

„Zügel weg und vorwärts reiten“, lächelt Frau Reitlehrerin.

„Wie weg?“, fragt die sogenannte Besitzerin ängstlich.

„Einfach so weg. Halt die Zügel mal nur noch an der Schnalle fest.“

Nachdenkliche Pause, kombiniert mit einer gewissen Such-Aktivität. Dann ein erschrecktes Quieken. „Die ist ja ganz hier oben.“

„Genau. Lass den Pfridolin einfach so traben, wie er das möchte. In der Körperhaltung, die er sich aussucht.“

Noch ein entsetztes Quieken, dann ein abgrundtiefes Seufzen und gottergebenes „Na gut.“ Und die leise Klage „Aber warum muss ich das so machen? Alle anderen reiten genauso falsch wie ich und machen damit einfach weiter.“

„Weil es ihnen niemand sagt, auf den sie hören. Leider“, antwortet Frau Reitlehrerin. „Aber wir sind anders. Wir wollen keinen Spaß auf Kosten unserer Pferde, wir wollen zusammen mit unseren Pferden Spaß haben.“ Und das hat sie schön gesagt, finde ich.

Bild: Pixabay

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