„Das Bein ist lang und locker.“ Frau Reitlehrerin steht in der Reithalle und gibt Unterricht. Und zwar ausnahmsweise nicht der Frau, meiner sogenannten Besitzerin. Die steht nämlich mit den anderen Reitprofis hinter der Bande und lästert. Nein, aktuell sind mein Kumpel Paul und seine Reitbeteiligung Mia dran.
„Lang und locker, pffffff. Von wegen! Guck doch mal, wie die die Knie hochzieht! Und wie die überhaupt sitzt“, ereifert sich die sogenannte Besitzerin. „Die muss man doch einmal durchkorrigieren! Das geht gaaaaaaar nicht!“ Mit Sitzfehlern kennt sich die sogenannte Besitzerin nämlich aus, ihre Grundstellung beim Reiten ist querschnittsgelähmter Frosch. Wo sich Frau Reitlehrerin dann die Mühe macht, die Beine der Frau mit viel Zeit, Geduld und freundlichem Lächeln aus dieser Grundstellung herauszulocken, so dass es hinterher fast wie Reiten aussieht.
„Die“ hat mitbekommen, dass man über sie lästert. Das macht keine schöne Stimmung beim Reiten. Und Entspannung schon gar nicht.
„Und wie der Paul läuft!!! Da kann man ja gar nicht hingucken!“, meint Reitexpertin Nummer Zwei.
Dann guck doch einfach woandershin, würde ich vorschlagen, aber ich bin ja hier nur das Pferd und muss das alles mitanhören. Und mir sagt man nach, ich würde lästern.
„Also wenn ich da in der Mitte stehen würde, dann würde ich erstmal dafür sorgen, dass der Paul anständig läuft“, kommentiert Reitprofi Nummer Drei.
„Aber wenn die Reiterin so schlecht sitzt, kann der Paul ja gar nicht anders laufen“, weiß die sogenannte Besitzerin aus leidvoller eigener Erfahrung.
„Die muss man sitztechnisch einmal auf links drehen und dann läuft der Gaul“, gibt ihr Reitprofi Nummer Zwei recht.
„Die müsste doch…“ „Warum sagt sie nicht …“ geht es weiter.
Mia ist inzwischen deutlich verunsichert. Pauls Zirkel werden immer kleiner, damit sie näher bei Frau Reitlehrerin ist und zugleich möglichst weit weg von den Reitprofis.
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Frau Reitlehrerin hat das Ganze längst durchschaut – Reitlehrer kriegen ja immer ALLES mit – und lässt Mia einfach auf den Mittelzirkel gehen, wo Mia und Paul ungestört an der Losgelassenheit arbeiten können. Mit einem strahlenden Lächeln verkündet sie, dass die Situation, die Mia so stresst, in Wirklichkeit eine wunderbare Übungssituation wäre, in der sich Mia auf Ihre Atmung und ihren Körper konzentrieren könnte. Gemeinsam gehen sie sie die einzelnen Körperteile durch, entspannen hier, lassen da locker, denken auch mal ans rückwärts Radfahren und an weiche Augen, die dabei helfen, dass man sich entspannen kann. Im Gegensatz zur sogenannten Besitzerin geht Mia bereitwillig auf alle vorgeschlagenen inneren Bilder ein, kriegt keinen Blutdruck und diskutiert auch nicht mit Frau Reitlehrerin, so dass sich sehr schnell der gewünschte Erfolg einstellt: Mia und Paul traben locker und lässig ihre Zirkel, gehen entspannt auf den Gruselzirkel mit den Reitprofis hinter der Bande und kommen dann zu anderen Hufschlagfiguren.
„Laaaangweilig“, maulen die Reitprofis und ziehen mit langen Gesichtern wieder ab. Nur die sogenannte Besitzerin drückt sich noch in der Halle herum. Weil sie ja auch Unterricht bei Frau Reitlehrerin hat und sich somit als Hilfstrainerin fühlt. Gefühlt hat sie das alles ja auch hinter sich. Been there, done that. Und bildet sich jetzt ein, dass sie es kann. Also zumindest besser als Mia. Die trabt ja sogar auf dem falschen Fuß leicht. Ts ts ts. Das würde der Frau nie passieren.
„Umsitzen!“, ruft sie deshalb laut. Um Frau Reitlehrerin zu unterstützen. Und um Mia zu zeigen, dass sie es besser kann. Blöderweise geht die undankbare Mia gar nicht auf die kostenlose Korrektur ein.
Na warte, denkt sich die Frau und dackelt nach der Reitstunde zu Frau Reitlehrerin, um das Gesehen nachzubereiten. Frau Reitlehrerin freut sich ein Loch in den Bauch, dass ihr die Frau wie ein Schatten folgt. Frau Reitlehrerin ist Pädagogin durch und durch und hört sich die Verbesserungsvorschläge der Frau geduldig an. Die hat nämlich inzwischen die Reitlehre revolutioniert, spontan ein ganz neues System des Reitunterrichts entwickelt und erklärt Frau Reitlehrerin jetzt ihre Arbeit.
Danach erklärt Frau Reitlehrerin der Frau, wie sie ihren Unterricht gestaltet und was sie warum tut. Das hat was mit Didaktik zu tun, mit Psychologie und natürlich auch mit Reitlehre. Aber was nutzt einem das schönste reiterliche Fachwissen, wenn die Reitschülerin physisch oder psychisch gar nicht in der Lage ist, das zu tun, was man von ihr will? „Man kann immer nur das korrigieren, was die Reiterin in dem Moment auch umsetzen kann“, fasst Frau Reitlehrerin zusammen.
„Aber man muss doch …“wendet die Frau zaghaft ein. „Den Sitz und so. Und das Pferd. Und überhaupt.“
Frau Reitlehrerin lächelt didaktisch.
„Aber aber aber“, macht die Frau weiter und hat schon den Faden verloren.
„Man kann nicht an allem gleichzeitig arbeiten“, erklärt Frau Reitlehrerin mit Engelsgeduld. „Es geht immer nur eins nach dem anderen, und zwar auf das jeweilige Pferd-Reiter-Paar abgestimmt. DIE Korrektur gibt es nicht, man muss das korrigieren, was möglich ist. Wir wollen ja schließlich, dass Reiter und Pferd weiterhin motiviert mitmachen.“
„Ach du liebes Bisschen. An die Motivation muss man auch noch denken! Und mal ganz ehrlich, dieses ganze psychologische Drumherum macht einen doch komplett verrückt“, seufzt die Frau.
„Sicher, es ist anspruchsvoll. Aber gleichzeitig auch der schönste Beruf der Welt“, lächelt Frau Reitlehrerin.
Und da lächelt auch die sogenannte Besitzerin und ist richtig, richtig froh, dass es Frau Reitlehrerin gibt.
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