Ich bin ganz aufgeregt, gleich geht’s nämlich los. Die sogenannte Besitzerin und ich gehen essen. Es ist Zeit zum Angrasen, hurra!
Nun gibt es da ja mehrere Sorten: Die Pingeligen Systematischen, die täglich und bei Wind und Wetter mit der Stoppuhr losziehen und minütlich steigern. Stichwort: „Heute hat er gar nicht gefressen und nur in der Gegend rumgeguckt, so können wir den Plan NIE einhalten!“
Die Verwirrten, die alle paar Tage dran denken und dann völlig verpeilt mit Pferd auf dem Seitenstreifen der Schnellstraße stehen. „Hier ist aber ein Verkehr, komisch.“
Die Kontrollfreaks. Das sind die mit dem Knotenhalfter, wo jeder Grashalm und jedes Blättchen vorher inspiziert wird.
Die Gechillten, die auch Knotenhalfter verwenden, denen es aber komplett latte ist, welche Grassorte sich unsereins da wegkimmelt. Tragen oft Cowboystiefel oder -hüte.
Die Wendys mit dem Flauschihalfter, die verträumte Reels mit Blümchenkränzen posten und sich gelegentlich auch ans Grasen erinnern. „Oh, und man muss auf die Uhr gucken? Verdammt.“
Und dann gibt es die mit den Assistenzpferden, die ihre Besitzer so aufdringlich ans Grasen erinnern, dass da kein Weg dran vorbeiführt. Das sind wir, der Lutschi und ich. Hilfsbereit und treu wie Gold. Und sehr, sehr, sehr gewissenhaft. Wobei ich mich auf erbarmungswürdige Blicke und deutliche Richtungsangaben beschränke. Das spanische Mähnenwunder fährt dagegen das gesamte tragische Repertoire auf, das einem Verhungernden zu eigen ist. Angefangen vom traurigen Lecken an allem, was grün ist (Putzkasten, Zaunpfahl, Bonsai-Grashalm zwischen den Pflastersteinen) bis zum ekstatischen Brummeln, wenn die Olle endlich mit Halfter und Strick erscheint. Vorher noch ein Schatten seiner selbst, steht er dann – DING-DING-DING – mit leuchtenden Augen und gespitzten Öhrchen parat.
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Und wenn es dann endlich losgeht – die sogenannte Besitzerin ist ja nicht die Schnellste – wird alles inhaliert, was nicht bei drei auf dem nächsten Baum ist. Das machen wir übrigens beide, da kenne ich keine falsche Scham. Bei der sogenannten Besitzerin muss man sich deutlich mitteilen, ansonsten versteht die einen nicht. Zum Ausgleich muss sie auch nicht weit laufen, wir stürzen uns direkt auf die kürzesten, runtergenagtesten Grashalme direkt am Anfang der Wiese. Wir wollen gar nicht ins hohe Gras. Im kurzen, abgefressenen Gras sind wesentlich mehr Geschmacksstoffe als im langweilig langen, gesunden Gras.
„Fruktan pur“, informiert uns Frau Reitlehrerin, die mit ihrem Dieter sehr streberhaft im hohen Gras unterwegs war.
„Erstmal weiter auf die Wiese kommen“, stöhnt die sogenannte Besitzerin und Frau Reitlehrerin fragt auch nicht nach. Es ist allgemein bekannt, dass wir herzigen Unschuldslämmer beizeiten den Erdanker werfen, sobald wir am äußersten Rand der Wiese angekommen sind. Ab da zieht der Lutschi nach links und ich nach rechts. Oder umgekehrt. Das entscheiden wir spontan. Soll uns keiner nachsagen, wir wären unflexibel.
„Wie lang dürft ihr denn?“, fragt Frau Reitlehrerin.
„Morgen zwanzig Minuten“, ächzt die sogenannte Besitzerin. „Jeden Tag fünf Minuten länger.“ Das hat Frau Reitlehrerin ihr seinerzeit mal eingetrichtert und daran hält sie sich auch.
„Brav“, nickt die und lächelt: „Dann besteht ja noch Hoffnung, dass ihr irgendwann mal das längere und gesündere Gras erreicht.“
Ab da hab ich nicht mehr zugehört, weil ich mir den Appetit nicht von gesunden Dingen verderben lasse. Genau so der Lutschi. Wenn da der Kopf einmal unten im Gras ist, dann bleibt der auch da. Da kann er sogar das Pinkeln vergessen, weil dafür leider keine Zeit ist. Beim Grasen zählt jede Sekunde. Mir würde das nie passieren, ich bin ja mehr der Intellektuelle und der Denker. Aber leider auch ein hungriger Denker. Wenn ihr mich also entschuldigen würdet, ich habe noch fünf Minuten und die muss ich ausnutzen 😛
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