„Als erstes muss man den ganzen Schwung wegreiten, damit es bequemer wird“, stellt Frau Reitlehrerin fest. Zwinker, zwonker. Weil sie das natürlich nicht ernst meint. Die Frau, meine sogenannte Besitzerin, fühlt sich endlich mal verstanden und ernstgenommen und stimmt aus vollem Herzen zu. „Ja, schlimm, dieser Schwung! Tooootaaaaal unbequem ist das.“ Frag mich mal, schließlich hoppelst du auf meinem Rücken rum, denke ich mir.
Frau Reitlehrerin lächelt pädagogisch und erklärt, dass das ein Scherz war.
„Haha, sehr lustig“, muffelt die Frau. Und etwas leiser: „Scheiss-Schwung.“
Frau Reitlehrerin hat es aber trotzdem gehört und erwidert: „Schwung ist ganz wichtig. Du willst doch den Pfridolin geraderichten und versammeln.“
„Und Piaffe reiten!“, quietscht die Frau, die stark auf bestimmte Schlüsselreize wie Versammlung, Piaffe oder Reitkunst reagiert.
„Genau“, lächelt Frau Reitlehrerin beruhigend. Sie lässt uns zum Schritt durchparieren, weil die Frau nicht gleichzeitig reiten und zuhören kann. Außerdem ist die eh schwung-technisch auf Krawall gebürstet, da muss man sie erst wieder einfangen.
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„In der Ausbildung des Pferdes kommen Geraderichtung und Versammlung erst nach Takt, Losgelassenheit, Anlehnung und Schwung“, erklärt Frau Reitlehrerin. „Weil die nämlich die Basis für alles weitere sind. Ohne Takt keine Losgelassenheit, ohne Losgelassenheit keine Anlehnung, ohne Anlehnung kein Schwung.“
„Aha“, antwortet die Frau wenig begeistert. „Und wozu ist dieser blöde Schwung gut?“
„Der Schwung ist das sichtbare und fühlbare Zeichen dafür, dass sich das Pferd im Rücken loslässt und die Bewegung der aktiven Hinterhand durch den ganzen Körper fließen lässt.“
„Aber sagt doch nur die blöde FN, und Sportreiterei ist eh böse. Ich will ja Reitkunst treiben, da gelten ganz andere Maßstäbe“, entrüstet sich die Frau.
„Auch in der Reitkunst wird auf Pferden geritten“, gibt Frau Reitlehrerin zu bedenken. „Und bestimmte Dinge bauen nun mal aufeinander auf. So schlecht ist die Ausbildungsskala nämlich nicht, das sind alte Grundsätze. Was in der Turnierreiterei und auch in der Reitkunst daraus gemacht wird, steht auf einem ganz anderen Blatt.“
„Hmpf.“ Die sogenannte Besitzerin ist nicht überzeugt.
„Schwung ist gut und wir brauchen ihn“, fasst Frau Reitlehrerin zusammen.
„Aber er ist so grässlich unbequem.“
Frau Reitlehrerin reagiert mit herzloser Heiterkeit und empfiehlt Yoga, innere Bilder, vor allem die vom rückwärts Radfahren, und leichttraben. („Leichttraben!“ jauchzt die Frau, die da wirklich nicht alleine draufgekommen ist.) Und Übergänge, zum Beispiel im Trab zulegen und abfangen.
Oh, ah. Eine neue Aufgabe! Die Frau schnauft nervös und entwickelt innere Bilder, die anscheinend viel mit Techno und Nähmaschinen zu tun haben. Ähnlich konfus gestaltet sich die Hilfengebung: Aus einem Zuckeltrab wird hektisches Getrappel, das von erneutem Zuckeltrab abgelöst wird.
„Die Frequenz bleibt die gleiche, lediglich die Trabtritte werden größer oder kleiner. Im Moment wird der Pfridolin nur eiliger“, erinnert Frau Reitlehrerin. „An der nächsten langen Seite nochmal!“
Wieder Zuckeltrab und Nähmaschinen-Techno. Stampf-stampf-trappel-trappel, das man bis ins nächste Dorf hört. Ihr wisst, was ich meine.
„Du behältst den Rhythmus bei, nur die Trabtritte verändern sich, indem sie kleiner und größer werden“, versucht es Frau Reitlehrerin auf andere Art und gibt noch einen Tipp: „Du kannst das über die Art und Weise deines Leichttrabens beeinflussen, über die Energie, die du hineingibst.“
Sicherheitshalber macht sie es zu Fuß vor. Die Frau lacht fröhlich, möglicherweise hat sie es jetzt verstanden. Ich weiß natürlich, wie das geht, aber wenn einen die sogenannte Besitzerin immer stört, kommt halt sowas dabei raus. Jetzt aber. Volle Konzentration. „Trab trab trab, Traaab traaab traaab“, sagt Frau Reitlehrerin vor. Und aus Versehen macht die Frau wohl was richtig, denn Frau Reitlehrerin lobt: „Sehr gut! Der Pfridolin fußt nach vorwärts-aufwärts ab, genau so muss es sein!“
Die Frau kann gerade nicht antworten, weil sie vor Freude und Schwung ganz überwältigt ist. Sicherheitshalber falle ich in Schritt. „Ich wusste ja gar nicht, wie sich das anfühlen kann“, sagt die Frau mit bebender Stimme. „Und dass man dabei leichttraben kann!!!“
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