Neulich auf der Stallgasse.
Miteinstallerin A: „Bei Daisy geht die Boxentür nicht richtig zu.“
Ein leerer Blick ist die Antwort. Und ein achselzuckendes „Ist ja nicht mein Pferd.“ Die Frau, meine sogenannte Besitzerin, hat beschlossen, sich zur Abwechslung nur noch um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Interessant, das hatten wir noch nie 😛
Wenig später: „Möppi hat gar kein Heu in der Box!“ Diesmal ist es Miteinstallerin B.
Die Antwort der Frau bleibt aber gleich: „Ist ja nicht mein Pferd.“
Nur doof, dass Möppis Besitzerin gerade nicht da ist und auch vom Stallpersonal keiner. Kriegt er halt kein Heu, weil: ist ja nicht ihr Pferd. Zum Glück erbarmt sich Miteinstallerin B und serviert das vergessene Abendfutter.
Dann kommt Miteinstallerin C: „Esmeralda hat in die Tränke geäppelt!“
* Neue Abgründe aus dem Reiterleben. Und Lösungen für Probleme, von denen man noch gar nicht wusste, dass man sie hat 😉
Wieder ist ein apathisches „Ist ja nicht mein Pferd“ die Antwort. Soll die olle Esmeralda doch gucken, wo sie bleibt. Wo kommen wir denn da hin, wenn man mit einem Mal hilfsbereit wäre und Esmeralda gemeinsam mit Miteinstallerin C an einem heißen Sommertag zu einem erfrischenden Getränk verhälfe? Und dabei womöglich noch Karmapunkte sammelt? Aber „Ist ja nicht mein Pferd“, da kann man geschmeidig weggucken. Das ist auch nicht so stressig wie selber mal anpacken. Wahrscheinlich könnten Aliens den halben Stall entführen, es wäre der Frau immer noch zu anstrengend, zum Handy zu greifen und Hilfe zu holen.
Interessanterweise ist das die gleiche Frau, die sich ungefragt in alles einmischt, was Leute so mit ihren Pferden treiben. Da ist die Schabracke hässlich, die Bandagen sind schief gewickelt und reiten können die eh alle nicht, da kann man ja gar nicht hingucken!!! Tut sie aber trotzdem und lästert nach Herzenslust.
Unvergessen der Tag, an dem die sogenannte Besitzerin nacheinander den Schmied beraten wollte, dem Tierarzt reinpfuschen und zuguterletzt eine Futterberatung durchgeführt hat, wo ihr allerdings die gegen ihren Willen Beratene mittendrin abgehauen ist. Die Frau war aber gerade so im Schwung, dass sie mit ihrem Sermon so lange weitergemacht hat, bis sie der Mann in eine Schubkarre setzen und wegfahren wollte.
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Die Frau ist ja nach eigener Einschätzung auch nicht neugierig, sondern wissbegierig. Und sie lästert nicht, sie informiert. Sich und andere. Auch ist sie nicht aufdringlich, sondern hilfsbereit. Allerdings nur, solange es sie interessiert. Alles eine Frage der Definition, wie man sieht. Und wenn sie selbst mal einen Notfall hat, weil zum Beispiel der Lutschi, unser spanisches Mähnenwunder, komisch guckt oder nicht fressen mag? Oder wenn ich, ihr Herzens-Pfridolin, mal außer der Reihe eklige Medikamente bekommen muss?
Dann wäre es ja theoretisch schön, wenn man nette Leute kennt, die mal nach dem Patienten gucken, wenn man auf der Arbeit ist. Nette Miteinstaller zum Beispiel. Wo das nach dem Prinzip „Eine Hand wäscht die andere“ funktioniert.
Nicht so bei uns. Für solche Dienstleistungen hat sich die Frau eigens einen Mann zugelegt, der nett ist und hilft. Und Karmapunkte sammelt wie andere Treuepunkte im Supermarkt. Was aber tun die, die nicht auf jemanden mit Helfersyndrom zugreifen können? Die müssen wohl oder übel selber nett und hilfsbereit sein. Aber wisst ihr was? Wir Pferde merken das. Wir kriegen schon mit, wer charakterlich in Ordnung ist und wer nicht. Wir sind ja nicht blöd 😛
Ach übrigens: Falls jemand jemanden kennt und so. Die sogenannte Besitzerin sucht ein neues Zuhause. Sie weiß es aber noch nicht, es soll nämlich eine Überraschung werden. Ich versuche ja schon länger, ihr soziale Kompetenzen anzutrainieren, was aber bisher nicht geklappt hat. Man muss dann auch erkennen, wann man aufhören muss. Deshalb suche ich nun eine schöne neue Unterkunft für sie, bevorzugt weit weg und auf einem einsamen Berggipfel. Der Mann muss sich dann allerdings umgewöhnen, der hängt aus unerfindlichen Gründen an ihr. Wahrscheinlich sind es die Pferdeleckerli in ihrer Tasche. Auf die fall ich auch immer rein 😉
Bild: Ist ja nicht mein Pferd.
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