… und kenne keine Häuser mehr. Auch keine Weihnachtsdeko, keine Zäune oder Hecken und schon gar keine Blumenkästen. Denn was ihr vielleicht nicht wisst: Darin lauert das Böse. Sogar das spanische Mähnenwunder, das sonst so unbefangen im Umgang mit anderen ist, guckt skeptisch, wenn es an so einem Pflanzbehältnis vorbeigehen soll.
Aber der Reihe nach. Am Wochenende stehen ja bei uns regelmäßig Ausritte auf dem Programm. Zweimal im Jahr ist ja auch irgendwie regelmäßig. Natürlich nur, wenn es weder zu warm oder zu kalt ist. Auch Regen und Wind sind Naturkatastrophen, die die sogenannte Besitzerin abschrecken, Stichwort höhere Gewalt. Dann geht es halt nicht, tut ihr furchtbar leid. Aber wenn es doch mal schön ist, vergreift sie sich heimlich an den Beruhigungskräutern aus der Futterkammer und mutiert gefühlt zu Ingrid Klimkes kleiner Schwester. Und dann gehen wir todesmutig kleine oder größere Runden ins Gelände. Wobei: Sie kennt genau eine kleine Runde und genau eine große Runde. Aber immerhin. Und besser als gar nicht aus der Halle rauszukommen, wo momentan alle ihren Hallenkoller ausleben.
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Die Sonne scheint, wir gehen in den Wald, also die kleine Runde. So weit, so gut. Nur blöd, dass die Wege total morastig sind, es hat in der letzten Zeit viel geregnet. Das spanische Mähnenwunder kann mit sowas gar nicht umgehen. Der Lutschi ist nämlich von Haus aus Bruchpilot und quasi Patient im Wartestand. Mit seinen vier linken Haxen kein Wunder. Was also tun?
„Komm, wir gehen eine Asphaltrunde. Nicht, dass der Lutschi noch die Grätsche macht!“, schlägt der Mann vor. Das spanische Mähnenwunder hört gerade nicht zu, denn es versucht, im Vorbeigehen welke Blätter von den Ästen zu rupfen und kommt dabei bedenklich ins Schwanken. Die Frau ist ja jetzt Expertin für Koordinationstraining, aber das ist auch ihr zu wackelig. Sie stimmt zu.
Also wird erstmal ein Weg aus dem Wald heraus gesucht. „Herrlich, wie ein Wanderritt“, jauchzt die Frau, die orientierungslos umherirrt. Irgendwann stehen wir dann auf einer kleinen Straße, also erstmal Ziel erreicht. Wie mag es jetzt weitergehen?
Um die Wartezeit bis zum Ergebnis zu überbrücken, stecken das spanische Mähnenwunder und ich die Nasen in das Grün am Wegesrand. Die Frau und der Mann diskutieren derweil den Weg aus. Da schnell feststeht, dass die Frau null Orientierung hat (wenn wir die beiden bekannten Ausreitstrecken zur Abwechslung mal andersherum gehen, hält sie das für einen neuen Weg), darf der Mann entscheiden. Er guckt wissenschaftlich in sein Smartphone, und weil er das so überzeugend macht, folgen wir ihm einfach mal.
Der von ihm vorgegebene Kurs führt über ein Sträßchen und noch ein Sträßchen an einem Wohnhaus vorbei. Und das ist der Punkt, wo ich bei aller Liebe nicht mehr weitergehe. Da ist nämlich nicht nur ein Haus, da ist zusätzlich noch eine Hecke (was sehr unheimlich ist, wer weiß, wer sich dahinter versteckt) und da ist blinkende Weihnachtsdeko, wo wir uns verweigern. Der Lutschi und ich, wir sind Naturburschen, wir kennen keinen Strom. Und wenn wir gerade keine Naturburschen sind, sind wir scheue kleine Rehe. Spätestens als ich die Blumenkästen entdecke, ist es soweit.
Nun ist die sogenannte Besitzerin jemand mit festen Gewohnheiten. Eine davon ist, ihre Umwelt an allen gedanklichen Prozessen teilhaben zu lassen, die gerade bei ihr ablaufen. Das sind zwar nicht sehr viele, aber die verlaufen dafür umso intensiver. Zudem hat sie einen großen Wortschatz, was Flüche und Schimpfwörter betrifft. So dauert es nicht allzu lange, bis sämtliche Bewohner des liebevoll geschmückten Hauses in der Tür stehen und unser gemeinschaftliches Tun mit großen Augen verfolgen.
Das macht die Lage natürlich nicht besser, zumal die Blumenkästen jetzt auch noch das Blinken anfangen. Das Zetern der Frau wird immer lauter, bis sich der Lutschi endlich dazu bequemt, die Gefahrenstelle mit einer gewissen Schräglage zu passieren, während er wachsam den daneben liegenden Acker beobachtet. Für alle Fälle, wie er meint. Ich finde das vernünftig.
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Mein neues Buch! 🙂
Und am allervernünftigsten finde ich mich, weil ich das spanische Mähnenwunder vorschicke, damit es als erster gefressen wird. Wenn den Lutschi keiner frisst, ist es nicht gefährlich, denn der Lutschi ist weich und rund und kann nicht schnell laufen. Kein Raubtier könnte ihm widerstehen. Damit er weitergeht, zwicke ich ihn gelegentlich in sein barockes Hinterteil. Auch, um meine Führungsqualitäten zu demonstrieren, denn ein guter Chef steht immer hinter seinen Leuten 😉
Da wisst ihr also mal wieder Bescheid, wie es im Wald und woanders zugeht. Macht euch ein paar schöne Weihnachtstage und seid nett zueinander ❤
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