Die Frau, wir kennen sie, ist sehr begeisterungsfähig. Aktuell ist sie im Working Equitation-Wahn.
„Hütchen! Ich will mehr Hütchen!“, murmelt sie fiebrig, während sie mich für die Reitstunde fertig macht.
„Mehr als vier Pylone brauchen wir nicht“, winkt Frau Reitlehrerin ab.
„Sicher?“ Die Frau guckt enttäuscht. Sie will doch Herausforderungen, hat sie mir anvertraut. Spannende Lektionen und rasante Übungen. Wie die im Internet, die so cool Speedtrail reiten. Das will sie jetzt auch können.
Ich für mein Teil bin nur froh, dass die Hütchen mir den Weg weisen. Wenn ich nur auf die diffuse Hilfengebung der sogenannten Besitzerin angewiesen wäre, würden wir ansonsten regelmäßig in Poppenbüttel-Ost landen. Wo es sicherlich auch sehr schön ist, keine Frage. Aber doch fern der heimischen Krippe.
Wir gehen also in die Reithalle. Die Frau, mächtig aufgeregt, wegen HÜTCHEN!!! und WORKING EQUITATION!!!, ich eher verhalten. Wie ich sehe, hat Frau Reitlehrerin schon mal was vorbereitet, was auch der sogenannten Besitzerin nicht entgangen ist.
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„Die Hütchen stehen ja genau so da wie beim letzten Mal“, mault sie. Wie langweilig. Wenn sie schon keine Piaffe reiten kann, dann doch wenigstens Kringel und olé. Mit einem aufregenden Hütchen-Parcours, den sie dynamisch meistert. Und jetzt stehen da nur vier Pylone auf dem Zirkel. Zwei bei den Zirkelpunkten, einer bei C und einer bei X, jeweils zwei große Schritte von der Bande entfernt.
„Wenn man möchte, kann man bei X noch einen Pylon hinstellen, als Tor und zugleich als Orientierungspunkt, weil du da ja keine Bande hast“, erklärt Frau Reitlehrerin und tut genau das. „Das ist eine Aufstellung, mit der man unzählige Übungen reiten kann.“
Das ist aber doch langweilig, immer dasselbe zu reiten, lautet der Kommentar der Frau. Frau Reitlehrerin, die bekanntlich good vibrations für eine Großfamilie hat, lächelt einfach weiter und erklärt die Aufgabe. „Du fängst im Schritt an, damit du die Figur lernst. Später reitest du das Kreuz dann im Trab.“
Aha, Kreuz heißt das also. Das ist ja wenigstens mal was Neues, denkt die Frau.
„Und zwar gehst du auf den Zirkel. Rechte Hand. Bis zum nächsten Hütchen. Da dann rechtsum und geradeaus auf das gegenüberliegende Hütchen zu, wo du einen Handwechsel machst und dieses Hütchen links liegen lässt.“
„Moment mal!“ Die Frau hebt die Hand. „Das geht mir alles viel zu schnell.“
Ich sage nur rasante Übungen. Oder Speedtrail. Aber ich bin ja hier nur das Pferd und hab eh keine Ahnung.
Frau Reitlehrerin erklärt kindgerecht, dass die Frau einen Viertelzirkel reiten soll, dann durch den Zirkel wechseln, wieder einen Viertelzirkel und am nächsten Hütchen erneut durch den Zirkel wechseln soll. Zur Sicherheit zeigt sie uns noch den Weg zu Fuß. Begeistert folge ich ihr. Endlich mal jemand, der weiß, wo er hinwill!
Die sogenannte Besitzerin erwacht aus ihrer Schockstarre und verkündet, das wäre ja total einfach und sie hätte das crazy Kreuz voll durchschaut. Sie würde das jetzt alleine versuchen. Aber sicherheitshalber im Schritt, wegen dem ganzen Lenken und dem schrecklichen Schwung im Trab.
Gesagt, getan. Wir eiern halbwegs zielstrebig und mit nur wenig Hilfestellung („Links um das Hütchen rum. Nein, das andere links!“) durch unseren Hütchen-Parcours. Man muss aber schon krass viel denken, findet meine Reiterin. Ich habe mir zum Glück den Weg gemerkt, so kommen wir halbwegs passend durch.
Nachdem wir einige Male die Hand gewechselt haben, gibt Frau Reitlehrerin das Kommando zum Antraben. Wir fangen mit ein paar Zirkelrunden im Leichttraben an, bevor es dann ans Eingemachte geht, sprich: ans Aussitzen, wo Frau Reitlehrerin noch den bewährten Tipp formuliert: „Und denk ans rückwärts Radfahren, das hilft dir!“
Schlimm genug, dass ich so peinliche Kommandos kriege, aber muss sie dabei so laut sprechen, dass es jeder mitbekommt?, denkt die Frau und verdreht die Augen. Und dann geht’s los: Kringel und olé beziehungsweise das Kreuz im Trab.
Und soll ich euch was sagen? Hinterher war die Frau ganz handzahm und entspannt. Ich aber auch. Wobei ich ja eigentlich gar keinen Sport treiben darf. Schließlich bin ich Freizeitpferd, mit Betonung auf Freizeit.
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