Horstis Besitzerin – wir kennen sie – seufzt. Auch Horsti, der pummelige Braune, guckt sorgenvoll. Ausnahmsweise scheint es nicht um Reitunterricht oder die neue Schabracken-Kollektion zu gehen.
„Warum so schwermütig?“, erkundigt sich die Frau. Schließlich ist sie mit Horstis Besitzerin befreundet, da muss man gelegentlich soziale Kompetenzen heucheln.
„Ach, dem Horsti geht’s hier so schlecht“, erklärt die.
„Der Arme! Was hat er denn?“
„Es gefällt ihm hier nicht, das spüre ich ganz deutlich. Beim Reiten guckt er so unglücklich. Und der Futtertrog ist auch ganz schön oll.“
Das sind natürlich überzeugende Argumente für einen Stallwechsel. Die Frau überlegt angestrengt. „Wie wäre es denn mit Reitstall Nichtschickaberbezahlbar?“
Horstis Besitzerin rümpft die Nase. „Weiß nicht.“
„Die haben eine Reithalle, zwei Außenplätze und die Pferde sind viel auf der Weide. Und für den Winter haben sie Gruppenpaddocks. Wenn der Pfridolin und der Lutschi hier nicht so zufrieden wären, würde ich glaubich am ehesten dahin wechseln.“
Das spanische Mähnenwunder und ich gucken uns an. Nein, wir wollen nicht umziehen, da sind wir uns einig. Auch Horsti würde lieber hier bleiben und wünscht sich eigentlich nur, dass sich seine Besitzerin beim Reiten mehr Mühe gibt und ihn nicht immer über die Uhr schrubbt, aber vermittele das mal jemandem, der komplett empathiebefreit und nicht ganz so helle ist. Und dann warte, wie diese Person die frohe Botschaft in Menschensprache übersetzt. Stille Post ist nichts dagegen 😛 Wir haben schon Tränen gelacht, als die Frau Pferdekommunikation betreiben wollte. Tja, Horsti. Da hast du wohl Pech gehabt.
Die Frau und Horstis Besitzerin erörtern gerade die weiteren Vorteile des Reitstalls Nichtschickaberbezahlbar. „Genügend Heu füttern sie auch“, fällt der Frau gerade ein.
„Aber der Service ist so schlecht. Die stellen die Pferde zwar jeden Tag raus, aber sie ziehen weder Fliegendecken an noch sprühen sie die Pferde ein.“
„Und wenn du die Fliegendecke einfach über Nacht drauflässt?“
* Ich kann auch Bücher!
„Igitt, dann wird die ja schmutzig!“, ereifert sich Horstis Besitzerin.
„Was ist denn mit dem Superduperschickimicki-Stall im Nachbarort?“, überlegt die Frau. „Bei denen sieht es soooo elegant aus!“
„Ja, an den hatte ich auch schon gedacht“, gesteht die Freundin. „Die Reithalle ist ganz neu und sehr stilvoll gestaltet. Außerdem haben die wunderschön designte Boxen. Da wird sich der Horsti wohl fühlen!“
„Er wird auf jeden Fall viel Zeit darin verbringen, denn die bei Superduperschickimicki haben keinen Weide-Service“, erklärt Frau Reitlehrerin, die gerade vorbeischlendert und über die magische Gabe verfügt, überall dort zu sein, wo es spannend ist. „Da musst du selbst rausstellen und reinholen, und tagsüber bist du doch im Büro, oder?“
Ach. Das ist ein unvorhergesehener Aspekt. Die Freundin zieht ein langes Gesicht.
„Macht nix, es gibt ja noch mehr Ställe“, tröstet die Frau. „Zum Beispiel Schlankundschön.“
„Jaaaa, Schlankundschön gefällt mir auch gut! Die haben tolle Fotos im Internet und da stehen ganz viele Sportreiter und überhaupt schöne Menschen mit ihren schönen Pferden. Die sehen immer aus wie aus dem Ei gepellt und die Pferde sind nicht so fett wie hier.“
Hallo? Unsereiner hat auch Gefühle. Hunger zum Beispiel. Und Durst.
„Das liegt möglicherweise daran, dass die Heurationen dort – ähem – übersichtlich gestaltet sind. Habe ich jedenfalls gehört. Viele, die ihre Pferde nicht so schlank haben möchten, füttern zu“, informiert Frau Reitlehrerin, die Gott und die Welt kennt und überall rumkommt.
„Igitt, dann hab ich ja Heu im Auto“, ereifert sich Horstis Besitzerin.
„Ist schon praktischer, wenn man das nicht machen muss“, gibt ihr die Frau recht.
„Aber schaaaaade. Das reiterliche Niveau ist da doch ganz anders. So viele Turnierreiter, das ist doch ein ganz anderes Flair.“
„Ja, schaaaaaade.“
* Und lustige Pferdekrimis auch!
Kurze Pause, in der die Damen angestrengt nachdenken. Frau Reitlehrerin gibt derweil Tipps, worauf man bei der Stallsuche unbedingt achten sollte. „Zum Beispiel ist es günstig, sich den ausgeguckten Stall vorher mehrfach anzuschauen, auch zu unterschiedlichen Tageszeiten.“
Horstis Besitzerin guckt verständnislos. „Sieht der Stall denn vormittags anders aus als nachmittags?“
„Vielleicht“, lächelt Frau Reitlehrerin. „Auf jeden Fall siehst du dann besser, was dort tagsüber passiert und wann es besonders voll oder besonders leer ist. Vielleicht sind Halle oder Reitplatz auch zeitweise gesperrt, zum Beispiel, wenn Reitunterricht ist oder die Böden gepflegt werden.“
Hm. An was man alles denken muss! Horstis Besitzerin zieht eine Schnute. Aber Frau Reitlehrerin ist noch nicht fertig: „Was ist, wenn Horsti mal krank wird? Werden vom Stall aus Medikamente gegeben oder macht man das selbst? Und wie sind die Öffnungszeiten?“
„Ja woher soll denn ich das wissen?!“
Die Frau flüstert ihrer Freundin ins Ohr. Die nickt. „Stimmt, ich könnte nachfragen. Gute Idee.“
Die Frau lächelt stolz und hat ihrer Ansicht nach den Verdienstorden für Menschenfreundlichkeit und gute Taten verdient.
„Was ist mit Tierarzt und Hufschmied?“, fragt Frau Reitlehrerin.
„Ja, was ist mit denen?“, fragt Horstis Besitzerin verschreckt.
„Hast du in deinem neuen Stall freie Tierarzt- oder Hufschmiedwahl? Manche Stallbesitzer schränken das ein“, erklärt Frau RL.
„An was man alles denken muss“, seufzt Horstis Besitzerin.
„Tröste dich, den perfekten Stall gibt es nicht. Irgendwas ist immer“, beruhigt Frau Reitlehrerin.
„Ich glaube, dann wird es für uns der Reitstall Nobelhobel, zwei Dörfer weiter. Da gibt’s ein Super-Restaurant mit einer genialen Speisekarte“, überlegt Horstis Besitzerin.
„Aber die haben kaum Weiden“, erinnert Frau Reitlehrerin.
„Irgendwas ist ja immer“, erwidert Horstis Besitzerin treudoof.
Ich glaube, sie hat da irgendwas falsch verstanden. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Frau Reitlehrerin gerade mehrere Theorie-Einheiten zum Thema „Prioritäten bei der Pferde-Unterbringung“ vorbereitet 😛
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2 Antworten auf „Irgendwas ist immer oder: Horsti soll umziehen“
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